Historisches Hofheim am Taunus

Altes für die Zukunft bewahren!




Gab es neben dem Wasserschloss in Hofheim noch ein zweites Schloss?



In der Geschichte Hofheims gibt es wie anderenorts einige ungelöste Rätsel. Dazu gehört die Frage, ob es hier im Mittelalter ein oder zwei Schlösser gegeben hat. Wobei der Begriff Schloss nicht überbewertet werden darf. Es handelte sich wohl um größere Wohngebäude, die zumindest im Erdgeschoss in Stein ausgeführt waren. Historisch eindeutig und als Ruine heute noch erhalten gibt es seit der Stadtgründung 1352 in Hofheim ein Wasserschloss. Es liegt südlich der Altstadt außerhalb der früheren Stadtmauer. Auf dem um 1646 entstandenen Stich von M. Merian ist westlich daneben, ebenfalls außerhalb der Stadtmauer, noch ein zweites schlossähnliches Gebäude zu sehen.


Ausschnitt aus dem Merian-Stich von 1646


Es wird auch in der zum Merian-Stich zugehörigen Beschreibung Hofheims durch M. Zeiller genannt „Hoffheim hat nächst der Stattmauer / zwey Schlößlein / mit guten Wassergräben umbfangen / darvon das eine gantz verbrannt / das ander aber unbewohnt stehet.“

Auf der um 1608 entstandenen Karte der Herrschaft Eppstein von Wilhelm Dillich gibt es eine stark vereinfachte Darstellung Hofheims, auf der das Wasserschloss erkennbar ist, ein zweites Schloss daneben wie bei Merian aber nicht.

Ausschnitt aus der Karte von W. Dillich: Herrschaft Eppstein, Nördliche Hälfte; 1607 – 1609.


In den vergangenen Jahrzehnten sind bei verschiedenen mit Ausschachtungen verbundenen Baumaßnahmen rund um das Wasserschloss oder den Kellereiplatz nie Überreste von Fundamenten gefunden worden, die auf ein weiteres Schloss in Hofheim schließen lassen. Trotzdem wird in einigen späteren Beschreibungen Hofheims auf dieses zweite Schloss hingewiesen. Allerdings fehlen meist verlässliche Quellenangaben außer dem Hinweis auf Merian.

In dem 1880 erschienen Buch von Wilhelm Lotz (Die Baudenkmäler des Regierungsbezirks Wiesbaden) heißt es bei Hofheim z. B. in Anlehnung an Merian:

„2 Schlösser nächst den Ringmauern, mit Wassergräben umgeben, beide rechteckig. Das eine mit runden Eckthürmen 1643 abgebrannt. Das andere mit meist ausgekragten Eckthürmchen ebenfalls zerstört.“

Bei Ferdinand Luthmer (Die Bau- und Kunstdenkmäler des  Regierungsbezirks Wiesbaden, Teil II: Der östliche Taunus. S. 41-45) heißt es 1905 mit Bezug auf den Merian-Stich:

„Von den zwei Schlösser, welche die erwähnte Ansicht von Hofheim zeigt, ist das eine mit runden Ecktürmen 1643 abgebrannt; ein nächst der Schwarzbach noch erhaltener Rundturm gehörte vielleicht diesem Gebäude an.“

Ein „Rundturm nächst der Schwarzbach“ wird aber an keiner anderen Stelle erwähnt.

Eine von den vorhergehenden Darstellungen abweichende Beschreibung ist in dem 1957 erschienen Hessischen Städtebuch (Hrsgb. Erich Keyser) unter Hofheim, Main-Taunus-Kreis zu finden, die von Otto Renkhoff und Wolf Heino Struck, beide damals Archivräte des Hauptstaatsarchivs Wiesbaden, verfasst wurde. Dort heißt es:

„Nächst der Stadtmauer im Süden das Schloss der Adligen von Hofheim, ab 1369 erwähnt, quadratische Wasserburg, 1643 abgebrannt. Östlich davon eine 2. Wasserburg (die sog. Alte Burg, ehemaliger Amtssitz), heute Ruine.“

Leider konnte bisher keine von Renkhoff/Struck genannte „Erwähnung ab 1369“ als Urkunde gefunden werden, die die Beschreibung des zweiten Schlosses in Hofheim als Schloss der Adligen von Hofheim bestätigt. Auch der im Hauptstaatsarchiv vorhandene Nachlass von Renkhoff bzw. Struck gibt dazu keinen Hinweis. Ebenso war eine Nachfrage im Hauptstaatsarchiv ergebnislos, ob es außer den in arcinsys gespeicherten Quellen noch weitere Dokumente gibt, auf die sich Renkhoff/Struck bezogen haben könnten.

Es gibt noch eine Reihe von Städte- oder Baubeschreibungen Hessens, in denen auch die Hofheimer „Schlösser“ vorkommen könnten. Bei den in den Quellen genannten Büchern von C. D. Vogel (1844), G. Dehio (2008) oder T. Biller (2008) ist das aber nicht der Fall. Insgesamt gesehen werden die zwei Schlösser in Hofheim nur bei Merian beschrieben und bei den Büchern, die sich auf diese Quelle beziehen. Außer bei Merian werden die beiden Schlösser also nur noch bei Renkhoff/Struck eigenständig beschrieben. Es ist schwer vorstellbar, dass zwei professionelle Archivare des Hauptstaatsarchivs Wiesbaden (Renkhoff war von 1961 bis 1970 der Direktor des Hauptstaatsarchivs) diese Angaben, nämlich

a: es gab die Adeligen von Hofheim und
b: sie hatten ein eigenes Schloss, ab 1369 erwähnt,

gemacht haben ohne dafür zuverlässige Quellen gehabt zu haben. Sie konnten bisher leider noch nicht gefunden werden. Durch viele Urkunden nachweisbar ist aber, dass es spätestens ab 1273 bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts in Hofheim ein Adelsgeschlecht gab, die Niederadeligen von Hofheim.


Quellen:
Merian, Matthäus: Topographia Hassiae. Text von Zeiller, Martin: 2. Ausg., Frankfurt a. M., M. Merians Erben 1655. Faksimile, Kassel, 1959. Teil: Hoffheim.
Vogel, C. D.: Beschreibung des Herzogthums Nassau. Wiesbaden, 1844.
Lotz, Wilhelm: Die Baudenkmäler des Regierungsbezirks Wiesbaden. Unveränderter Neudruck d. Ausg. von 1880. Walluf, 1971.
Luthmer, Ferdinand: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Wiesbaden. II. Der östliche Taunus. Frankfurt a. M., 1905.
Keyser, Erich (Hrsgb.): Hessisches Städtebuch. Darin Kapitel: Hofheim, Main-Taunus-Kreis, von Otto Renkhoff u. Wolf Heino Struck. S.251-253. Stuttgart, 1957.
Dehio, Georg (Bearb.): Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Cremer, Folkhard (Neubearb.): Regierungsbezirk Darmstadt. München, 2008.
Biller, Thomas: Burgen im Taunus und im Rheingau: ein Führer zu Geschichte und Architektur. Regensburg, 2008.


Bearbeitung: Historischer Arbeitskreis Hofheim am Taunus (Dieter Reuschling)

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