Historisches Hofheim am Taunus

Altes für die Zukunft bewahren!


Hauptstraße - Eine Straße verändert ihr Gesicht

Von Roswitha Schlecker / Wilfried Wohmann


Hauptstraße - Lageplan - Stand: Mai 2021 - Plan: Heiko Schmitt

Innerhalb der Stadtgeschichte Hofheims hat die Hauptstraße eine besondere Bedeutung. Sie war und ist der Weg in die Stadt, den im Laufe der Jahrhunderte freundliche Besucher und feindlich gesinnte Truppen nutzten. Der Verlauf der Straße blieb immer derselbe und zwischen Ober- und Untertor befanden immer sich Rathaus und Kirche. Wie damals üblich lag auch noch bis 1822 der Friedhof des Städtchens am Gotteshaus und damit mitten im Ort an der Hauptstraße, allerdings einige Jahrzehnte vor Blicken geschützt hinter dem Gasthof „Zum Grünen Baum“.

In den ersten 30 Jahren des 19. Jahrhunderts geschahen dann die ersten großen Veränderungen im Stadtbild. Das Obertor wurde 1817 zum Abriss verkauft, das Gefängnis auf dem Untertor nach 1810 geschlossen und das ganze Gebäude ebenfalls nach 1817 abgerissen. Jetzt war die Hauptstraße nach oben und unten offen und neue Gebäude entstanden. Auf einem Übersichtsplan, ausgefertigt 1895, ist ihr Name zu lesen, während die abgehenden Gassen wohl unwichtig waren und nicht benannt sind; einzige Ausnahme: die Kurhausstraße – eher ein Zugeständnis an dessen Klientel. An der Hauptstraße bzw. in nächster Nähe entstanden Geschäfte, Werkstätten der Handwerker, einige wenige landwirtschaftlich genutzte Anwesen und reichlich Wirtshäuser. Nachdem der Bahnhof im Oktober 1877 offiziell eingeweiht worden war stellten sich die Geschäftsleute auf den „Fremdenverkehr“ und die Patienten des Kurhauses ein, das bereits 1862 als Kaltwasserheilanstalt eröffnet worden war. Auf dem Weg zur Innenstadt siedelten sich Gasthäuser, ein Café, Läden für Kolonialwaren und Friseure an. Man verkaufte Zeitschriften, Tabakwaren und Ansichtskarten. Das Bild der Stadt sollte repräsentativ und fortschrittlich sein. Der Weg vom Bahnhof führte um die Jahrhundertwende über die sogenannte „verlängerte Hauptstraße“, vorbei an der Fachwerk-Stirnseite der Stein‘schen Apotheke über die Schwarzbachbrücke zur befestigten und bereits vor 1900 nachts beleuchteten Hauptstraße, die mit ihrer Mischung aus Fachwerk und Baustilen dieser Zeit eine charmante Mischung aus Kleinstadt und Landleben ausstrahlte. Das lockte Besucher aus dem nahen Frankfurt und Erholungssuchende an und einige blieben.

Bis zu Beginn der 1950er Jahre blieb das äußere Bild im Großen und Ganzen bestehen, auch wenn man einigen Häusern das Altern ansah. Doch zwei Kriege und deren Folgen hatten das Wirtschaftsleben beeinflusst und nebenbei das Frauenbild verändert. Aus mancher Hausfrau war eine Geschäftsfrau geworden, die aus der Not heraus die Männerrolle übernommen hatte, und nun für den Lebensunterhalt sorgte. Immer mehr Läden wurden um- und ausgebaut und neue zwischen den Häusern eingerichtet. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung sollte auch Hofheim fortschrittlich und alte Fachwerkhäuser durch Neubauten ersetzt werden. An exponierter Stelle entstand 1952 der erste „moderne“ Neubau (Hauptstraße Nr. 58/60) und in das Erdgeschoss zog das erste Hofheimer Radio- und Fernsehgeschäft ein, dessen Angebot für viele Hofheimer nur durch das Schaufenster zu betrachteten waren, denn leisten konnte man sich Luxusartikel wie Fernsehgeräte und Musiktruhen noch nicht.

In den 1960er Jahren erreichte das Wirtschaftswunder auch Hofheim und bald war die Hauptstraße vor allem die Hauptverkehrs-Straße mit knapper werdenden Parkplätzen und einem beständigen Autostrom. Rechts und links sollten nun die alten Häuser weichen, Straßenraum wurde benötigt, und am Rathaus entstanden Neubauten, die das Stadtbild in den Augen vieler Hofheimer „verschandelten“ und es „veröden“ ließen.

Ab Mitte der 1970er Jahre begann ein Umdenken der städtischen Planer. Nun sollte der typische Charakter der Altstadt bewahrt und die Hauptstraße in eine verkehrsberuhigte Zone umgewandelt werden. Auf eine erste Umsetzung dieses Vorhabens folgte ein jahrelanger juristischer Kampf um diese Verkehrsberuhigung. Ohne Auto in dieser Straße einzukaufen, erschien so manchem Händler geschäftsschädigend zu sein. Doch die Fußgängerzone wurde eröffnet und wieder wandelte sich das Straßenbild. Während die untere und mittlere Hauptstraße von dieser Entwicklung profitierte, blieb es in der oberen Hauptstraße bei der überwiegenden Wohnnutzung und in großen Teilen bei dem Erhalt der alten Fachwerkhäuser. Mit dem Neubau eines ganzen Viertels auf der Fläche der ehemalgien Häuser Nr. 1 – Nr. 9 änderte sich ab dem Jahr 2000 auch das Erscheinungsbild der oberen Hauptstraße.

Bereits 1993 wurde im Rathaus-Foyer eine Ausstellung zur Hauptstraße gezeigt, die jedoch nur auf einfachen Vorher-Nachher-Vergleichen und Zeitzeugenaussagen beruhte. Allerdings gaben diese und die weiteren Veränderungen in den folgenden 25 Jahren den Anstoß zu einer Fortführung der Dokumentation. Aus diesem Fundus heraus und der breit aufgestellten Mitarbeit der Mitglieder des Historischen Arbeitskreises Hofheim konnte eine umfangreiche Bestandsaufnahme zu der Geschichte der Straße und ihrer Häuser entstehen. Natürlich musste es auch hier eine zeitliche Grenze geben, die mit dem Manuskript dieses Buches erreicht war und nicht jede Veränderung konnte erfasst werden. Aber wir alle können sicher sein: Die Hauptstraße wird weiter ihr Gesicht verändern.

Haben Sie Lust auf mehr? 

Foto: Stadtmuseum Hofheim

Wir empfehlen Ihnen zum Weiterlesen unser Buch mit dem gleichnamigen Titel, das Sie im Stadtmuseum und den örtlichen Buchhandlungen erwerben können. Hier eine kurze Information zum Inhalt:

  • Hauptstraße - Die Nummer Eins
  • Geschichte der Hauptstraße
  • Sehen und gesehen werden
  • Verkehrsentwicklung
  • Wirtschaftliche Entwicklung
  • St. Peter und Paul
  • Königsteiner Freihof
  • Hofheimer Wirte und Hofheimer Wein
  • Die ersten Wirtshäuser in Hofheim
  • Geschichte der Lederfabriken Neumann
  • Beschreibungen der Gebäude von Haus-Nr. 2 bis 75

 

Das Buch ist 2019 erschienen in der Serie

"Stadtmuseum Hofheim am Taunus - Beiträge zur Kultur- und Stadtgeschichte", B 23,
Hauptstraße Hofheim am Taunus - Eine Straße verändert ihr Gesicht.
Hrsg.: Roswitha Schlecker im Auftrag des Magistrats der Stadt Hofheim am Taunus -
Stadtmuseum/Stadtarchiv in Zusammenarbeit mit dem Historischen Arbeitskreis der Bürgervereinigung Hofheimer Altstadt e.V., 176 Seiten, 232 historische und aktuelle Fotografien, 79 Gebäudebeschreibungen, Bau- und Nutzungsgeschichte der Häuser, Broschur, 20 €, ISBNA 978-3-933735-56-0


Bearbeitung: Historischer Arbeitskreis Hofheim am Taunus (Roswitha Schlecker, Wilfried Wohmann)
Lageplan: Heiko Schmitt
Buchtitel: Stadtmuseum Hofheim am Taunus

 

Start


zurück


oben





Instagram