"Hofheimer Erzählungen" oder
"Was die Großmutter so erzählte"
Dies ist eine Serie, in der wir in unregelmäßigen Abständen “Hofheimer Erzählungen” präsentieren werden. Die ersten Aufzeichnungen hat uns Susann Gemünd Karcher, Obersteinbach im Elsass, nach Erzählungen ihrer Großmutter Elisabeth Schreiner geb. Diener aus Hofheim am Taunus, dankenswerterweise zur Verfügung gestellt.
Wer auch Geschichten erzählen möchte, kann sich gerne bei uns melden (Mail: historisches-hofheim@email.de).
Alle Jahre wieder - neu -
Hier eine "Weihnachtsgeschichte" aus dem alten Hofheim, die mir meine Oma (geb. 1905) erzählte, als ich noch im Kindergartenalter war...: Es gab damals auch viele arme Familien in Hofheim. Aber an Weihnachten gab es jedes Jahr für diese eine ganz besondere, liebevolle Überraschung, denn ein Kuvert lag vor der Tür, mit einer großzügigen Spende, ganz anonym. Das ging so über sehr viele Jahre, ohne dass irgendjemand herausfinden konnten wer der edle Spender wirklich war. Man spekulierte... aber kam nie darauf. Doch dann kam ein Jahr, OHNE Kuvert. Alle waren erstaunt und traurig zugleich.
Was war geschehen? War die Person krank? Oder vielleicht sogar verstorben? So überlegten alle zusammen, wer denn in diesem Jahr gestorben war. Und plötzlich waren sie fast erschrocken und sehr traurig. Es war ein einsamer, alleinstehender Mann ohne Familie, der ganz armselig in einem kleinen Häuschen zurückgezogen gelebt und um den sich nie jemand gekümmert hatte. Dies zu seinem Gedenken.
(Erzählt von Susann Gemünd-Karcher, Obersteinbach (Elsass)
Wie war das Wetter in Hofheim am 17. März 1939?
Sicher werdet ihr antworten: „Woher sollen wir das denn wissen“? Aber dazu kann ich folgendes berichten:
Schon am 16. März 1939 schneite es ununterbrochen, auch die darauffolgende Nacht. Es lag eine fast kniehohe geschlossene blütenweiße Schneedecke und gespenstische Stille über Hofheim und das Leben war eingefroren. Kein einziges Fuhrwerk oder Pferdegespann war unterwegs, keines der noch seltenen Automobile oder Menschenseele wagte sich hinaus. Unsere Oma Elisabeth Schreiner war hochschwanger und ausgerechnet an diesem Tag setzten die Wehen ein. Eine Hebamme zu holen hätte zu lange gedauert, es musste schnell gehandelt werden. Kurzerhand banden die Familienmitglieder einen großen Wäschekorb auf einen Schlitten, hüllten die „Tante Lisbeth“ in warme Decken und zogen dieses Gefährt mit großer Mühe durch die winterlichen Straßen. Man schaffte es schließlich noch rechtzeitig von der Niederhofheimer Straße bis zum Krankenhaus. Und ein Mädchen erblickte an diesem besagten Tag das Licht der Welt, meine Mutti, Katharina Henriette. Jedes Jahr an ihrem Geburtstag, wenn das Wetter besonders sonnig und schön war, wurde uns von diesem Ereignis noch einmal lebhaft erzählt.
(Erzählt von Susann Gemünd-Karcher, Obersteinbach (Elsass)
Tierische Geschichten - Die Früchtebowle
Die Großeltern besaßen auf der Viehweide eine schöne Obstbaumwiese, Natur und Ruhe pur, so dass die Eltern Anfang der sechziger Jahre beschlossen, diese als Wochenendrefugium zu nutzen. Schon bald stand dort eine kleine Hütte und man traf dort gerne auch Arbeitskollegen um ungestört und ausgiebig feiern zu können. Natürlich waren mein kleiner Bruder und ich auch mit von der Partie und wir konnten uns an vielen Blumen und Insekten erfreuen und diese erkunden. Wir schliefen nach so viel frischer Luft tief und fest und bekamen von dem lustigen Treiben nichts mehr mit. Eines Morgens erwachte ich von dem munteren Vogelgezwitscher und da noch kein Erwachsener ansprechbar war, machte ich mich (so als vierjährige) wieder auf Entdeckungstour.
Und sehr seltsames war da geschehen, die Tiere waren verzaubert worden: etliche Hamster und Mäuse aller Art mussten auch gefeiert haben, sie lagen oder torkelten herum, ließen sich anfassen und streicheln, waren ganz langsam und zahm. In der Mitte stand ein Behälter, voller Früchte. Daran hatten sie sich satt gefressen. Was ich natürlich nicht verstand, es waren die Reste der Früchtebowle vom vorherigen Abend...
(Erzählt von Susann Gemünd-Karcher, Obersteinbach (Elsass)
Tierische Geschichten – Die Wette
In einem Hofheimer Wirtshaus trafen sich die jungen Männer regelmäßig zum Stammtisch und oft wurde darüber nachgedacht, wie man die Welt verbessern könnte. Natürlich war man da nicht immer einer Meinung. Aber je später der Abend, desto lustiger wurde die Gesellschaft und man kam auf die sonderbarsten Ideen. Zwei Burschen prahlten immer wieder mit ihren Haustieren. Der eine schwärmte von den besonderen Eigenschaften seines Schäferhundes, treu und intelligent, und ganz wichtig: mutig und scharf, von allen Zwei- und Vierbeinern gefürchtet, insbesondere von den Katzen. Der andere junge Mann sprach von seiner Katze wie von einer Prinzessin, sie sei stolz und anhänglich und so furchtlos, dass jeder Hund sie vor ihr in Acht nehmen müsse. Beide Junggesellen steigerten sich nach jedem Glas so sehr in die Beschreibung der Eigenschaften des jeweiligen Lieblingstieres, dass sie schließlich beschlossen, eine Wette abzuschließen. Die beiden Tiere sollten miteinander bzw. gegeneinander, kämpfen. Die anderen Wirtshausgenossen jubelten und freuten sich auf das bevorstehende „Event“, jeder tippte entweder auf „Hund“ oder auf „Katze“ und die Gesellschaft zog nun zu später Stunde in einen geschlossenen Hof, der als Arena auserwählt wurde. Die beiden Kontrahenten holten ihre Tiere und man zählte bis drei, dann wurde der Schäferhund von seiner Leine gelöst und die Katze aus dem Korb geholt. Es war ziemlich dunkel, zuerst vernahmen alle ein Zischen, ja richtig unheimliches Fauchen und gleich danach ein fürchterliches Jaulen. Im Licht der Laternen erkannten nun alle einen dunklen Schatten, der im Kreis herumsprang. Der arme Hund hatte eine Furie im Nacken und wusste nicht wie ihm geschah, der Hundebesitzer zitterte am ganzen Leib und schrie nur noch „aufhören, halt, aufhören“. Die Gesellschaft war zufrieden, es gab einen eindeutigen Sieger, nur musste man die Tiere erst wieder auseinanderbringen und versuchen zu beruhigen. Der Hund wurde erlöst und die Katze machte noch eine Weile einen Buckel und buschigen Schwanz in ihrem Korb.
(Erzählt von Susann Gemünd-Karcher, Obersteinbach (Elsass)
Die Hexe „Kau-Kau“
Als unsere Oma Lisbeth noch ein kleines Mädchen war, also noch vor dem 1. Weltkrieg, erlebte sie folgende Geschichte:
In Hofheim lebte eine alte alleinstehende Frau, am Stock gebeugt und mit wackligem Gang kam sie ab und zu aus ihrer vornehmen Villa, die Hände zitterten und naja leider war sie auch ziemlich hässlich in den Augen der Kinder. Ihre langen weißen Haarsträhnen konnte das Kopftuch nicht verbergen, außerdem hatte sie einen „Tick“, sie bewegte ständig den Mund als würde sie auf etwas Unsichtbarem herumkauen. Eine ganze Kinderschar lauerte ihr täglich auf, um sie mit spöttischen Rufen „Hexe Kau-Kau! Hexe Kau-Kau!“ zu beschimpfen, manchmal flog sogar ein Stein nach ihr und die Kinder amüsierten sich köstlich. Die alte Dame ging aber unbeirrt ihren Weg. Dieses Treiben ging nun eine ganze Weile, bis eines Tages ein besonders vorwitziges Kind meinte, wer mutig sei, solle doch mit in das gespenstische Haus kommen. um nachzusehen, wie es bei einer Hexe so aussehe. Die Tür stand einen Spalt offen, kein Geräusch war zu hören, eigentlich musste sie zu Hause sein, vielleicht beim Mittagsschläfchen? Vorsichtig und mit Herzklopfen öffneten ein paar Kinder (darunter auch unsere Oma) die große knarrende Tür und wollten gerade auf Zehenspitzen weiterschleichen, doch da schloss sich diese mit einem lauten Knall und die Kinder standen im Dunkeln. Am liebsten wären nun alle im Erdboden versunken oder hätten sich unsichtbar gemacht, nicht einmal mehr flüstern konnten sie. Da vernahmen sie eine sanfte Stimme am Ende des Flurs „ich habe euch erwartet“, dort wurde es nun hell und da stand sie vor ihnen, die „Hexe Kau-Kau“ in einem vornehmen eleganten Gewand, und lud sie ein in das Wohnzimmer zu kommen. „Das muss wirklich eine Zauberin sein...“ flüsterte ein Junge.
So einen Salon hatten die Kinder noch nie gesehen: Möbel wie in einem Schloss, ein Papagei, Landkarten, eine riesige Bücherwand, und zahlreiche geheimnisvolle Gegenstände und Utensilien wie ein Grammophon, Fernrohr sowie Bilder an den Wänden mit exotischen Motiven. Alle Kinder waren sprachlos und wagten kaum, sich in die hohen Stühle zu setzen. Auf einem kleinen Tisch mit Spitzendecke stand buntes, sehr feines Geschirr wie es keines der Kinder je gesehen hatte, darauf Gebäck und eine Silberkanne verströmte den unbekannten Duft von heißer Schokolade, die nun jedem serviert wurde. Doch niemand traute sich so richtig davon zu kosten „Wo sind wir? Im Zauberland? Bei einer Fee?“ ging es durch die Köpfe. Da wurde es auf einmal dunkel, irgendwo war ein brummendes Geräusch und ganz plötzlich war die Wand vor ihnen lebendig, es gab Berge und Seen, das Meer mit riesengroßen Schiffen, Dromedare und Affen, Palmen und ein Blütenmeer, große Städte mit bunt gekleideten Menschen, es war als reisten sie um die halbe Welt. Die Kinder hatten nun glühende Wangen und nun sprudelte es aus ihnen: „Wo sind wir? Was sehen wir?“ Da machte die Zauberin wieder Licht, und fragte die Kinder „wollt ihr mehr wissen? „ JAAAAA!“
Nun war das Eis gebrochen, die gebildete Dame begann von ihren zahlreichen Reisen in ferne Länder zu erzählen und auch der Kakao schmeckte nun vorzüglich. Ein Junge meinte mit einer Träne im Auge, es tue ihm alles sehr leid und versprach nie wieder zu spotten. Die anderen Kinder stimmen zu. „Ihr dürft mich gerne wieder besuchen!“ war die Antwort. Von diesem Tag an grüßten sie die Dame mit ihrem Namen (den ich leider vergessen habe) und mit einem Lächeln, trugen ihr schwere Einkaufstaschen oder machten sonstige kleine Dienste.
(Erzählt von Susann Gemünd-Karcher, Obersteinbach (Elsass)
Kindermund: Der Schutzmann und das Kaspertheater
Diesmal eine meiner persönlichen Hofheimer Erlebnisse:
Unsere Oma hatte viele Geschwister und dementsprechend gab es jeden Nachmittag ein Kaffeekränzchen bei den verschiedenen Großtanten und -onkel, zu denen Klein-Susann (da war ich so viereinhalb Jahre alt) immer gerne mitging und sich besonders an dem leckeren Gebäck erfreute. Die Erwachsenen unterhielten sich eifrig, unter den Gästen war auch ein Bekannter der Familie, ein Polizist der gerade in Rente gegangen war. Während ich ganz auf den Kuchen konzentriert war, fragte mich eine der Damen: „Na, Susannchen, hast Du denn gar keine Angst vor dem Schutzmann?“ Sofort antwortete ich ganz spontan: „Nein, vor dem braucht man doch keine Angst zu haben! Der sieht nur so schlimm aus und reißt zu Hause sein Maul so weit auf, macht aber nie etwas!“ Besagter Polizist sowie alle anderen wurden entweder knallrot oder kreidebleich und die ganze Runde starrte Oma und mich mit ernstem Blick an...
Aber Oma „Lisbeth“ verstand sofort um welches Missverständnis es sich da handelte, denn ich war stolze Besitzerin eines Kaspertheaters natürlich mit Kasper, einem Krokodil, usw. sowie mit einem Schutzmann in Uniform samt Pickelhaube, Stoppelbart und aufgesperrtem Mund.
Sofort klärte sie die Runde auf, es wollte ihr aber niemand so recht glauben. Schließlich wurde beschlossen gemeinsam zu uns nach Hause zu gehen, um sich von diesem Theater zu überzeugen. Natürlich war ich begeistert! Alle wollten MEIN Kaspertheater sehen! Daheim angekommen holte ich stolz alle Puppen hervor und natürlich auch den besagten Schutzmann. Da war natürlich das Gelächter groß und am nächsten Tag waren wir bei dem „echten“ Schutzmann eingeladen und ich durfte meine Puppe mitbringen. Vielleicht erinnert sich noch ein(e) Hofheimer(in) an diese Geschichte?
(Erzählt von Susann Gemünd-Karcher, Obersteinbach (Elsass)
Das Gespenst
Im alten Hofheim standen in manchen Gassen die Fachwerkhäuser eng aneinander, oft gab es auch unter demselben Dach einen Stall für Ziegen, manchmal sogar für eine Kuh und Kleinvieh. Ein Bewohner eines solchen Häuschens wachte mitten in der Nacht auf, von einem seltsamen Geräusch geweckt, es klopfte in der Wand. Er hörte kurz darauf die Glocke des Kirchturms, es war zwölf Uhr. Danach schlief er wieder bis zum ersten Hahnenschrei ein. Doch auch in der nächsten Nacht, geschah dasselbe Phänomen. Er weckte seine Frau, diese meinte er hätte vielleicht zu viel Äppelwoi getrunken und er solle sie doch bitte in Ruhe schlafen lassen. So ging es nun jede Nacht weiter, aber seine Frau traute sich der gute Mann nun nicht mehr zu belästigen. Doch immer und immer wieder das Gleiche: So fünf bis sechsmal hintereinander ein dumpfes Klopfen, um die gleiche Zeit. Sollte er dem Herrn Pfarrer davon berichten? Es MUSSTE ein Gespenst sein. Oder der Geist eines Verstorbenen...? Was wollte dieser von ihm? Schließlich raubte dieses „Gespenst“ dem guten Mann seinen ganzen Schlaf, er lag wach im Bett und wartete immer wieder mit Herzklopfen auf den nächtlichen „Gast“. Doch eines Tages fasste er einen ernsten Entschluss: Diese Nacht wolle er dem Gespenst auflauern, der Sache auf den Grund gehen, egal was geschehen möge! Er wartete diesmal angezogen draußen vor der Tür, im Hof, mit einer brennenden Leuchte bewaffnet. Und tatsächlich, pünktlich wie immer, war da dieses Geräusch zu vernehmen, aber etwas dumpfer. Eigentlich kam es aus dem Stall des Nachbarn. Er schlich ohne Schuhe, auf Zehenspitzen in diese Richtung, bis an die kleine zweigeteilte Türe des nachbarlichen Stalls. Seltsamerweise war die Tür geöffnet, es gab sogar ein kleines Licht ganz hinten.
– „Nun hab ich dich, du Poltergeist!“
– „Was gibt es denn Sepp, hast Du ein Problem?“
Da saß der Nachbar in der Ecke auf einem kleinen Schemel, im Nachthemd, mit Zipfelmütze und Pantoffeln, mit einem Gläschen Selbstgebrannten in der Hand und einer rauchenden Pfeife im Mund.
Da staunte unser Mann nicht schlecht, damit hatte er nicht gerechnet. Er erzählte ihm von dem seltsamen Geräusch, das ihn hierher geleitet hatte, und von seinen nächtlichen Wahrnehmungen.
Da lachte der Nachbar laut, denn das Geräusch konnte er nun eindeutig erklären:
Jede Nacht um dieselbe Zeit (da schlief seine Frau am tiefsten) kam er hier in den Stall, denn da hatte er eine Flasche seines Selbstgebrannten versteckt, gönnte sich ein Gläschen oder zwei, und stopfte sich dazu gemütlich seine Pfeife, die er vorher sorgsam an der Wand, die die beiden Häuser trennten ausklopfte, um die Tabakreste zu entfernen.
(Erzählt von Susann Gemünd-Karcher, Obersteinbach (Elsass)
Radrennen
(Erzählt von Susann Gemünd-Karcher, Obersteinbach (Elsass)
Der Traum vom Lodenmantel
Hallöchen, da bin ich schon wieder mit einer Geschichte aus dem alten Hofheim. Meine Oma träumte als junge Frau von einem Lodenmantel. Wahrscheinlich hatte sie in Frankfurt Damen mit diesem damals so eleganten Teil gesehen und wollte unbedingt irgendwann auch einmal ein solch edles Stück ihr Eigen nennen. Die Oma verkaufte Milch, die ihre einzige Kuh jeden Tag gab, (Oma sprach von 10 Pfennige/Liter?) brachte eine kleine Summe zusammen, die eisern für dieses Anliegen gespart wurde. Nach einigen Jahren war Oma überglücklich, denn sie hatte die Groschen gezählt und JA es war endlich soweit! Sie wollte gleich am Abend ihrem Mann Heinrich davon berichten und sah sich schon mit neuem Mantel. Am Abend kam der Mann nach Hause und sprach zu seiner Lisbeth: höre mal Lisbeth, ich habe die Groschen gezählt und stell Dir vor es kommt genau DER Betrag raus, den mir der Bauer X verlangt, für den Acker auf der Viehweide! Da machte meine Oma große Augen...Aha...mhhhh....Sagte nichts mehr von ihrem Traum, der nun zerplatzt war. Und sie schickte den Heinrich los, der machte den Handel noch gleich per Handschlag perfekt. Tja...und genau dieser Acker ernährte die Familie, brachte sie durch die schlimme Kriegszeit... Oma bestellte ihn ganz allein als Heinrich im Krieg war. Ja, diese Geschichte erzählte sie mir oft... damit ich darüber nachdenken konnte... und bis heute ist sie mir in Erinnerung.
(Erzählt von Susann Gemünd-Karcher, Obersteinbach (Elsass)
Geldbeutel
Unser Haus steht in der Niederhofheimer Straße, die Oma und meine Mutter am Fenster im Jahr 1949. Es gab ein großes Tor zum Innenhof und man konnte nicht sehen, was dahinter vorging, aber durch ein kleines Loch erspähten die Kinder hingegen, alles was sich auf der sehr frequentierten Straße abspielte. Meine Mutti hatte sich einen passenden, sehr originellen Streich überlegt: sie band ein schönes Portemonnaie an eine Angelschnur und schob es unter dem Tor hindurch. Schon wurde ein Passant aufmerksam, blickte schnell nach rechts und links, bückte sich "unauffällig" und schwupps, war der Geldbeutel verschwunden. Das Kichern konnte meine Mutter natürlich nicht unterdrücken. Darauf gab es von draußen Gezeter und manchmal auch so manches Fluchen, aber immer wieder gab es neue "Opfer"... Die Geschichte kenne ich aber nicht von meiner Mutti, sondern natürlich von Oma!
(Erzählt von Susann Gemünd-Karcher, Obersteinbach (Elsass)
Oma Ho und die „Kreppel“ |
Hallo, da bin ich wieder mit einer Geschichte aus dem alten Hofheim. Es ist zwar noch nicht schon wieder Fastnacht, aber ich habe mich gerade daran erinnert, warum auch immer... Oma Ho (=Hofheim, so haben wir sie genannt, die andere Oma war Oma Li =Lichtenfels) konnte super leckere Fastnachtskreppel backen (woanders heißen sie „Berliner“ oder „Krapfen“) und es wurden sämtliche Tanten/Onkel und Verwandten eingeladen. Natürlich waren die Kreppel gefüllt, mit Marmelade, bis auf ein Exemplar, hihihi, da war nämlich SENF drin! Oma wusste genau welcher Kreppel es war, so dass ich nie eine Niete bekam, aber alle warteten auf das Gesicht des "Finders", wenn er ordentlich hineingebissen hatte! Tja da bekam "Tante Lisbeth" etwas zu hören und wir kugelten uns vor Lachen, gesunde und harmlose Schadenfreude war das! |
Ärger mit dem Lehrer |
Und nun eine ganz besonders lustige Geschichte aus dem alten Hofheim. Meine Tante Else (die Schwester meiner Mutter) wollte auf keinen Fall wieder zur Schule in Hofheim gehen. Was war passiert? Sie war ein kleines, zierliches und etwas verträumtes Mädchen, das nicht immer aufpasste, was der autoritäre Lehrer so von sich gab. Es muss so zwischen 1930/33 gewesen sein, damals herrschte noch "Zucht" und Ordnung, bedeutet, es gab Schläge mit der Haselrute auf den Hintern. Die bekam das kleine Mädchen nun jeden Tag, weil sie so vor Angst zitterte und stotterte und somit kein vernünftiges Wort mehr reden konnte, sobald der Lehrer sie ansprach. Da half kein Trösten und Zureden der ratlosen Mutter (also nun kommt wieder meine Oma ins Spiel) Else weigerte sich und kam gar nicht mehr aus ihrem Versteck unter dem Tisch hervor. Doch da hatte "Oma" Lisbeth eine grandiose Idee. Sie flüsterte ihrer Tochter etwas ins Ohr und ging rasch zum Metzger. Am nächsten Tag ging Else wieder zur Schule und sie wurde wie jeden Tag zuerst angeschrien, dann nach vorne zum "Pädagogen" zitiert, der schon mit dem Stock trommelte. Der holte fest aus, schlug zu und Else schrie sooo laut, dass man sie bis weit im Umfeld hören konnte, rannte hinaus, das Blut lief ihr die Beinchen hinunter und so rannte sie bis nach Hause, wo sie sofort unter dem Tisch verschwand. Der Lehrer rannte hinterher, einer Blutspur folgend, bis er außer Atem und kreidebleich vor meiner Oma in der Küche stand. Diese schrie nun den Lehrer an, was er denn mit der Kleinen gemacht habe, sie würde sofort zur Polizei gehen usw. Der Lehrer stammelte "bitte tun Sie das nicht, ich verspreche ihnen, dass ich Else NIE WIEDER anrühren werde!" So wurde er schließlich entlassen. Als er außer Reichweite war, kam Else lauthals lachend aus ihrem Versteck, fiel der Oma um den Hals und beide entsorgten die Reste der Schweineblase, welche die Oma beim Metzger geholt und mit Blut hatte füllen lassen, aus der Unterhose des Mädchens. Else hatte nie wieder Probleme mit besagtem Lehrer. |
Bearbeitung: Historischer Arbeitskreis Hofheim (Wilfried Wohmann)