Historisches Hofheim am Taunus

Altes für die Zukunft bewahren!


Das Kellereigebäude Hofheim - seine wechselvolle Geschichte

Dieter Reuschling



Foto: Heiko Schmitt

Das Kellereigebäude ist eines der historisch herausragenden Gebäude in der Innenstadt Hofheims. Nach vielen wechselnden Nutzungen in seiner rund 290-jährigen Geschichte wird es seit etwa drei Jahrzehnten als „Haus der Vereine“ genutzt. Da das Gebäude die Auflagen des Brandschutzes nicht mehr erfüllte und neue Nutzer wie die „SeniorenNachbarschaftsHilfe“ einziehen sollen, beschloss die Stadt 2007 den Umbau und die Grundsanierung, bei der auch der Wärme- und Strombedarf erheblich reduziert werden soll. Bei dieser Grundsanierung wurde der Kern des Gebäudes bis auf den Rohbau freigelegt, sodass an vielen Stellen seine wechselvolle Geschichte an der Bausubstanz ablesbar wird. Da diese Informationen für sich allein keine erschöpfende Auskunft geben, hat der Autor in Zusammenarbeit mit der Stadtarchivarin von Hofheim, Frau Roswitha Schlecker, versucht, die im Hauptstaatsarchiv Wiesbaden und im Stadtarchiv vorhandenen Akten neu zu sichten, um möglichst viele Lücken in der bisher bekannten Geschichte des Kellereigebäudes zu schließen.  

Zwei Erkenntnisse aus den Recherchen über das Gebäude, über das schon viel geschrieben wurde, sind sicher neu:

1. Das Kellereigebäude wurde nicht nur als kombiniertes Jagdschloss und Amtsgebäude der Amtsvogtei Hofheim gebaut, sondern als Jagdschloss von den Kurfürsten von Mainz auch wirklich genutzt. Deshalb wird es von Hofheim seit Langem eigentlich unter seinem Wert verkauft, wenn es nur als Kellerei bezeichnet wird.

2. Das Kellereigebäude hatte einen Vorgängerbau, der vermutlich an der gleichen Stelle stand.   

Amt und Schloss Hofheim  

Hofheim war über Jahrhunderte der Sitz eines für mehrere Gemeinden zuständigen Amtes, das von einem Amtmann, der auch Keller genannt wurde, geleitet wurde. Kellerei ist deshalb eine mittelalterliche Bezeichnung für das Verwaltungsgebäude einer Mittelinstanz, die heute als Kreis bezeichnet würde.  

1581 hat der damalige Kurfürst und Erzbischof von Mainz, Daniel Brendel von Homburg, nach Rechtsstreitigkeiten über die Erbfolge in der Grafschaft Königstein die Grafschaft mit Waffengewalt annektiert. Seitdem gehörte Hofheim zum Kurfürstentum Mainz (abgekürzt Kurmainz), bis dieser Kirchenstaat durch den Einfluss Napoleons 1803 aufgelöst wurde. In einem Erlass von 1581 wendet sich Daniel an seine neuen Untertanen, um sie an ihre Pflichten zu erinnern, und spricht dabei von „unserem Ambt und Schloß Hofheim“. Hofheim war also schon in der Grafschaft Königstein Sitz eines Amtes, dem ein Amtmann oder Keller vorstand, und hatte ein Schloss, vermutlich das heute so genannte Wasserschloss. Es kann aber auch schon damals ein weiteres größeres steinernes Gebäude in Hofheim gegeben haben, das als Schloss bezeichnet wurde.  

Darstellungen aus dieser Zeit, die dies belegen, gibt es nicht. Aus der Zeit um 1600 ist ein Stadtbild von Seiler überliefert, in dem zwei schlossähnliche Bauten außerhalb der Stadtmauer zu sehen sind. Der eine Bau ist wegen des ihn umgebenden Weihers als Wasserschloss oder -burg zu erkennen. Ein Hinweis auf den anderen schlossähnlichen Bau befindet sich in einer Akte aus dem Jahr 1650. Darin berichtet der Keller von Hofheim an seinen Kurfürsten in Mainz über die Folgen des dreißigjährigen Krieges, dass nämlich das Schloss in Hofheim durch Besetzung und „continuierliche Einquartierung“ ruiniert sei. Dieser Akte ist nicht genauer spezifizierter Grundriss des Schlosses beigefügt, der aber mit der Seiler-Darstellung keine Übereinstimmung hat. Aus dem Jahr 1684 ist ein Skizzenbuch zum Wasserschloss erhalten geblieben. In der in der Abbildung gezeigten Vogelperspektive von Süden ist hinter dem Wasserschloss ein Bau zu erkennen, der mit dem Grundriss von 1650 starke Ähnlichkeit hat. Ein Turm sitzt wie beim heutigen Kellereigebäude auf der Ostseite des Gebäudes. Wenn man diese beiden Zeichnungen in Einklang bringt, kann man das dargestellte Gebäude hypothetisch als Vorläufer des Kellereigebäudes deuten.                                                     

Vogelperspektive des Wasserschlosses aus dem Jahr 1684 - Foto: Stadtarchiv Hofheim


Diese Hypothese würde aber durch eine Skizze des Wasserschlosses aus dem gleichen Skizzenbuch von 1684 erschüttert, in der ein Treppenturm des Schlosses auf der Westseite zu sehen ist. Wie dieses frühe Schloss in Hofheim ausgesehen hat, ist also nicht belegbar. Dass es ein Schloss als Amtssitz des Amtmannes gegeben hat, ist aber durch viele Aktenstücke, bei denen es meist um die Beseitigung von gravierenden Schäden an dem Gebäude geht, eindeutig belegt. Es lag vermutlich innerhalb der Mauern des heutigen Wasserschlosses, wurde durch die Folgen des dreißigjährigen Krieges stark beschädigt und ab 1667 abgebrochen. Auf den Skizzen von 1684 ist das Gebäude innerhalb der Umfassungsmauern des Wasserschlosses nicht mehr zu sehen.  

Welches Gebäude der Hofheimer Keller Johann Adam Kreydt nach dem Abbruch seines Amtssitzes im Wasserschloss als Ersatz nutzte, ist unklar. Interessant ist aber sein Bericht vom Dezember 1697, dass er den nach dem Krieg erhalten gebliebenen Marstall hat umbauen lassen. Er bestand aus dem Pferdestall, einem Kelterhaus und drei übereinander liegenden Speichern. Darin ließ er drei Räume für den Kelterknecht, für Verhöre von Untertanen und fürs Archiv einbauen. Es muss also ein großes Gebäude gewesen sein. Die Außenmaße sind in dem Bericht mit 110 mal 38 Schuh angegeben. Sie stimmen überraschend genau mit den Außenmaßen des heutigen Kellereigebäudes überein (33,20 mal 11,49 Meter). Es könnte also sein, dass das Kellereigebäude ein umgebauter Marstall ist, der ursprünglich auch als Speicher genutzt wurde. Dafür spräche auch die aufwendige Dachkonstruktion als Sprengwerk, die darunter stützenfreie Räume ermöglicht, wie sie in Speichern oft vorkommen. Die bei der derzeitigen Sanierung wieder entdeckte Pflasterung in der nordöstlichen Ecke des Erdgeschosses, die bisher noch niemand erklären konnte, könnte der Fußboden des Pferdestalls gewesen sein.  

Diese Hypothese ist natürlich auch noch spekulativ, weil sie sich durch die bisher ausgewerteten Akten allein nicht stichhaltig belegen lässt. Umbaupläne oder –aufträge wurden bisher noch nicht gefunden, aber auch keine Neubaupläne. Sie erscheint aber plausibler als die erstgenannte Hypothese, die sich auf Skizzen in den Akten stützt. Durch eine dendrochronologische Untersuchung des Holzes der Dachkonstruktion, bei der bestimmt wird, wann die Bäume gefällt wurden, könnte die Bauzeit des Kellereigebäudes ermittelt werden. Dadurch ließe sich feststellen, ob die Dachkonstruktion wesentlich älter als 1720 ist und deshalb zu einem Vorgängerbau gehörte.   

Bauherr und ursprüngliche Nutzung  

In den überlieferten Akten des Amtes Höchst konnten keine eindeutigen Belege für die Bauzeit gefunden werden. Eine Kostenzusammenstellung aus dem Jahr 1720 sagt aus, dass Zeilsheimer Fuhrleute das Baumaterial für den „herrschaftlichen Bau in Hofheim“ in den Jahren 1717 und 1718 von Mainz und Sindlingen angeliefert haben. Außerdem befindet sich in diesen Akten ein Kostenanschlag über umfangreiche Tüncherarbeiten für die „Churfürstliche Kellerei zu Hofheim“, der aus dem Jahr 1718 stammt und in diesem Jahr auch von der Mainzer Kammer bewilligt wurde. Diese Daten sprächen für eine frühere Fertigstellung des Kellereigebäudes als bisher angenommen.  

So wie die Bauzeit noch unklar ist, gibt es bisher auch noch keinen konkreten Hinweis auf den Architekten des Gebäudes. Als einzige bekannte Größe steht der Bauherr fest, der Landesherr Kurfürst Lothar Franz von Schönborn, der von 1695 bis 1729 regierte und gleichzeitig Erzbischof von Mainz und Fürstbischof von Bamberg war. Sein Wappen ziert als „Allianzwappen“ für seine fünf Teilherrschaften (Schönborn, Mainz, Bamberg, Heppenheim, Reichelsberg) das Kellereigebäude über der Eingangstür. Der Kurfürst war einer der großen Kunstmäzene und Bauherrn seiner Epoche. Von sich selbst sagte er, er sei vom Bauwurm befallen. Für ihn arbeiteten viele berühmte Architekten des Barock wie z. B. die Brüder Johann und Johann Leonhard Dientzenhofer, Maximilian von Welsch, Balthasar Neumann und Anselm Franz Freiherr von Ritter zu Groenesteyn. Er ließ Schlösser, Kirchen, Jagdschlösser, aber auch viele Amtshäuser bauen und nahm mit einer Baukommission, die ihn beriet, direkt Einfluss auf die Bauten und ihre Ausstattung. Zu seinen bekanntesten Bauten gehören die Neue Residenz in Bamberg, das Schloss Weißenstein in Pommersfelden, das heute noch im Privatbesitz der Familie von Schönborn ist, und das 1793 zerstörte Schloss Favorite in Mainz.  

Für den Entwurf des Amtshauses oder besser Palais in Amorbach, das von 1723 bis 1726 erbaut wurde und heute den Fürsten zu Leiningen gehört, zeichnete Anselm Franz von Ritter verantwortlich, ebenso für den Entwurf des Jagdschlosses Jägersburg bei Forchheim, erbaut von 1721 bis 1726. Da dieser „Kavalierarchitekt“ des Kurfürsten, der zum Hofe gehörte, seinen Wohnsitz in dem Schloss in Kiedrich hatte, das noch heute im Familienbesitz ist, liegt die Vermutung nahe, dass er auch mit dem Entwurf für die Kellerei zu tun gehabt haben könnte. Dafür wurden aber keine Belege gefunden. Man kann aber mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, dass der Kurfürst selbst mit dem Entwurf des Neu- oder Ausbaus der Kellerei in Hofheim befasst war, den er anordnen musste.  

Der Neu- oder Umbau des Kellereigebäudes wurde nachweislich späterer Unterlagen als kombiniertes Amtshaus und Jagdschloss konzipiert und über mehrere Jahrzehnte auch so genutzt. Zum Amtshaus gehörte auch die Wohnung für den Amtmann des Kurmainzer Amtes Hofheim, der auch Keller genannt wurde. Direkte Quellen für diese kombinierte Nutzung sind bisher noch nicht gefunden worden, aber es gibt viele indirekte Belege. In einem Kostenanschlag zum Austausch der Fenster in der Kellerei von 1875, also etwa 55 Jahren nach ihrem Einbau, heißt es z. B.: „sind die in den kurfürstlichen Zimmern, welche für ihre Kurfürstlichen Gnaden Bewohnung bestimmt, befindlichen Fenster ruinös, die Rahmen daran verfault, deshalben daran neue zu fertigen“. Von diesen kurfürstlichen Zimmern ist vermutlich in einem südlich im ersten Stock gelegenen Zimmer eine beschädigte Stuckdecke übrig geblieben, die bei der Sanierung freigelegt wurde.                    

Lageplan der Kellerei aus dem Jahr 1805 (a = „Kellerei Bau“, M = „Mauern der alten Burg“) - Foto: Stadtarchiv Hofheim

                    

Für die Anlage als Schloss spricht auch der etwa im Jahr 1805 aufgezeichnete Grundriss des Kellereigeländes, in dem der in sich abgegrenzte, von Mauern umgebene Platz mit Ställen und Scheuern, der durch zwei Tore zugänglich ist, klar zu erkennen ist. Über eine Brücke damit verbunden ist das Wasserschloss, das nachweislich späterer Akten als Marstall des Jagdschlosses genutzt wurde. Darin wurde nach 1684 ein Pferdestall eingebaut, eine Remise für Kutschen und ein Haus für Pferdeknechte und Küchenpersonal. Auch bei kurzen Besuchen in Hofheim wird der Kurfürst mit Dienerschaft hierher gekommen sein. In dem Lageplan ist auch zu erkennen, dass der Burgweiher um das Wasserschloss noch vorhanden war, der später – spätestens 1818 – trocken gelegt und mit Bäumen bepflanzt wurde.  

Die Anwesenheit des Bauherrn in seinem Jagdschloss in Hofheim lässt sich indirekt nachweisen. In einem Bericht aus dem Jahr 1723 ist vermerkt, dass „bey hoher Anwesenheit ihrer Churfürstlichen Gnaden“ im Jahr davor die Köche des Kurfürsten das Fehlen eines Backofens bemängelt haben, weshalb der Kurfürst Abhilfe angeordnet haben soll. Der Bauherr Kurfürst Lothar Franz von Schönborn hat also gelegentlich in seinem Hofheimer Jagdschloss gewohnt. Auch spätere Kurfürsten haben sich noch im Jagdschloss aufgehalten, kurioserweise auch manchmal zum Fischen. Der Burgweiher wurde im 18. Jahrhundert als Fischteich genutzt und offenbar einmal jährlich durch das Ablassen des Wassers abgefischt. Dabei war der Kurfürst wohl manchmal anwesend. Die Ausbeute des Fischfangs wurde protokolliert. Ein Protokoll vom 4. Mai 1765 sagt aus, dass „bey höchster Anwesenheit Ihrer Churfürstlicher Gnaden“ im Hofheimer Burggraben 740 größere und 700 kleinere Karpfen gefangen wurden. Kurfürst war zu dieser Zeit Emmerich Joseph von Breidbach zu Bürresheim (1763 bis 1774).   

Wechselvolle Nutzung und wechselnde Besitzer nach dem Ende von „Kurmainz“  

Zur ersten militärischen Nutzung des Kellereigebäudes kam es im siebenjährigen Krieg von 1756 bis 1763 zwischen Preußen und England auf der einen Seite und Österreich, Frankreich, Russland und vielen Reichsfürsten auf der anderen Seite. 1759 müssen zwei Bataillone französische Truppen in der Kellerei stationiert gewesen sein und viele Schäden hinterlassen haben. Die längste Kriegseinwirkung fand in der Zeit von der französischen Revolution 1789 bis zum Ende der Herrschaft Napoleons 1815 statt. In den 1792 beginnenden sogenannten Koalitionskriegen wurde Hofheim im Oktober 1792 erstmals von französischen Revolutionstruppen besetzt. Bei einer der Rückeroberungen waren 1794 preußische Truppen in der Kellerei stationiert. Als das Kriegsglück sich wieder wendete, machte der französische General Jourdan vor und während der Schlacht bei Höchst (12. und 13. Oktober 1795) das Kellereigebäude zu seinem Hauptquartier. 1796 meldete der Höchster Amtmann, dass das Gebäude durch die Nutzung als französisches Lazarett unbewohnbar geworden sei.  

Ob das Gebäude für die Nutzung als Jagdschloss wieder hergerichtet wurde, ist nicht belegt. Mit dem „Reichsdeputationshauptschluss“ zur Neuordnung des Deutschen Reiches 1803 endete das Kurfürstentum Mainz und damit auch die Funktion des Kellereigebäudes als Jagdschloss der Kurfürsten. Hofheim kam zum Fürstentum Nassau-Usingen und mit der Gründung des Rheinbundes 1806 zum Herzogtum Nassau. Aus der Nassau-Usinger Zeit stammt der gezeigte Lageplan der Kellerei, aber auch der erste, datierte Grundrissplan des Gebäudes, der überliefert ist. Es gibt nur einen vermutlich älteren Grundrissplan des Erdgeschosses, der aber eine andere Fensterteilung und Raumaufteilung zeigt.                  

Erdgeschossgrundriss des „Schlosses zu Hofheim“ aus dem Jahr 1805 - Foto: Stadtarchiv Hofheim


Die Pläne von 1805 wurden wegen einer geplanten Nutzungsänderung des Kellereigebäudes erstellt, sind also auch Bestandspläne aus dieser Zeit. Der Anlass für die Nutzungsänderung war, dass für einen neuen Landbaumeister, der für mehrere Ämter des Fürstentums, u. a. das Hofheimer Amt, zuständig sein sollte, eine angemessene Dienstwohnung geschaffen werden sollte. Die Dienstwohnung wurde im Obergeschoss des Kellereigebäudes untergebracht. Dieser Landbaumeister war kein Geringerer als der junge Christian Zais, der bedeutende klassizistische Baumeister des Herzogtums Nassau, der später unter anderem für die Stadterweiterung in Wiesbaden zwischen Wilhelmstraße und Rheinstraße verantwortlich zeichnete. Zum Einzug ins Kellereigebäude kam es allerdings nicht, den er wurde als Baukommissar für ganz Nassau berufen mit Dienstsitz in Wiesbaden.  

Der Titel der Umbaupläne vermittelt auch die damalige Bezeichnung des Kellereigebäudes: „Amtshaus zu Hofheim, auch das Schloss genannt“. Anfang des 19. Jahrhunderts galt das Kellereigebäude in Hofheim noch als Schloss. Die Pläne zeigen eine andere Fassadengliederung als heute. An den Schmalseiten des Gebäudes gab es keine Fenster, außer einem im Obergeschoss auf der Turmseite.  

1811 zog dann doch noch ein hoher Beamter des Herzogtums in die Kellerei ein. Hofheim gehörte damals mit mehreren anderen Ämtern zur Oberförsterei Königstein. Dessen Leiter Georg Sylvius Freiherr von Massenbach erhielt das Schloss in Hofheim als Dienstwohnung. Er war als Kammerherr auch Mitglied des herzoglichen Hofstaates und wurde später oberster Forstbeamter des Herzogtums. Den Kostenanschlag für die Renovierung der Wohnung für von Massenbach erstellte der schon genannte Christian Zais. Massenbachs Pech in Hofheim war, dass das Kellereigebäude im Rahmen der Freiheitskriege 1815 wieder als Lazarett beschlagnahmt wurde, diesmal für russische Truppen. Nach ihrem Auszug war erneut eine Renovierung notwendig. Massenbach blieb bis etwa1817 in Hofheim.  

Danach wurde das Kellereigebäude vom Herzogtum Nassau nicht mehr benötigt. Durch eine Verwaltungsreform war das Amt Hofheim schon 1809 in das Amt Höchst eingegliedert worden. Von da ab wurde das Amtsgebäude in Hofheim überflüssig. Da der Landesetat durch die hohen Kosten der Kriege und ihrer Folgen stark belastet war, wurden viele Immobilien verkauft, so auch 1819 die gesamte Kellerei. Der Hofheimer Kaufmann Philipp Joseph Weiler ersteigerte das Areal von ca. 22.000 qm mit Kellereigebäude und Wasserschloss im November 1819 für 9.050 Gulden gegen das Gebot der Stadt Hofheim, die bei 9.000 Gulden aufhörte, mitzubieten. Wie Weiler das Gebäude danach genutzt hat, ist weitgehend unbekannt; vermutlich auch als Lagerraum für die Waren, mit denen er handelte. Er hat nach den Stadtrechnungen ab 1831 auch zwei Räume für Schulzwecke an die Stadt vermietet.  

In Hofheim gab es durch starkes Bevölkerungswachstum schon länger einen großen Mangel an geeigneten Schulräumen. Die Stadt wollte Ende der 20er Jahre das Kellereigebäude von Weiler kaufen und es zum Schulgebäude ausbauen. Die zuständige Schulbehörde beim Amt Höchst und die Landesregierung hielten das Gebäude aber für ungeeignet und forderten einen Neubau schräg gegenüber der Kellerei in der Burgstraße. Obwohl die Stadt gegen den Neubau protestierte, ordnete die Landesregierung den Neubau an. Als auch eine Protestnote der Hofheimer Bevölkerung nichts half, wurde der begonnene Neubau der Schule am 3. Mai 1831 von 30 bis 40 Hofheimer Bürgern aus Protest abgerissen. Die sogenannte Hofheimer Schulhausrevolte wurde durch den Einsatz von Militär befriedet, viele der beteiligten Hofheimer Bürger hart bestraft und der Neubau am Ende doch ausgeführt. Er steht noch heute in der Burgstraße neben dem Museum.  

Am Ende wurde das Kellereigebäude aber doch noch Schulhaus. 1875 verkauften die Nachfahren von Philipp Joseph Weiler das Gebäude an die Stadt, die vier Schulräume, je zwei im Erdgeschoss und im Obergeschoss, für jeweils 80 Schüler einbauen ließ. Diese Räume wurden – von Unterbrechungen durch militärische Nutzungen abgesehen – bis zur Fertigstellung der Pestalozzi-Schule 1927 für Schulzwecke genutzt. Als weitere Nutzung wurde 1877 ein Betsaal für die evangelische Kirchengemeinde Hofheims eingerichtet. Die evangelische Kirche Hofheims in der Kurhausstraße wurde erst 1900 eingeweiht. Der Betsaal im Kellereigebäude wurde danach nicht mehr benötigt.                               

Ansicht von Norden um 1920 (rechts das damalige Elektrizitätswerk der Stadt) - Foto: Stadtarchiv Hofheim


Während der Mobilmachung zum ersten Weltkrieg diente das Gebäude 1914 und 1915 als Standort für die Aufstellung von Kompanien des 87. Preußischen Infanterie-Regimentes. Hofheim war also für kurze Zeit eine kleine Garnison. Nach dem Ende des Krieges wurde die Stadt Teil der französischen Besatzungszone und das Kellereigebäude Ende 1918 für einen Stab der Besatzungsmacht beschlagnahmt. Nach dem siebenjährigen Krieg und nach den Kriegen zwischen 1792 und 1815 war es das dritte Mal in seiner Geschichte, dass es von französischen Truppen besetzt wurde.                        

Ansicht von Süden als Kreisberufsschule (um 1952) - Foto: Stadtarchiv Hofheim


Nachdem die Schule 1927 aus dem Gebäude ausgezogen war, wurden zunächst städtische Ämter darin untergebracht. Von 1938 bis 1967 waren dann der Main-Taunus-Kreis und das Land Hessen die Nutzer des Gebäudes. Es diente von 1938 bis 1958 als Kreisberufsschule. Aus dieser Zeit stammt auch das gezeigte Foto mit der Ansicht von Süden, auf dem zu erkennen ist, dass das Niveau des davor liegenden Kellereiplatzes damals mindestens einen Meter tiefer lag als heute. Nach 1958 wurde es zur Unterbringung der zentralen Polizeistation für den Main-Taunus-Kreis erneut umgebaut. Neun Jahre später war 1967 ein weiterer Umbau nötig, da nach dem Auszug der Polizeistation jetzt mehrere Ämter der Stadtverwaltung einzogen, so das Bauamt, Ordnungsamt, Sozialamt und Steueramt sowie das Stadtarchiv. Im Sommer 1974 zogen alle städtischen Ämter in das neue Rathaus an der Elisabethenstraße.  

Die Stadtverordnetenversammlung beschloss nun den Umbau des Kellereigebäudes zum Haus der Vereine, der 1975 bis 1976 ausgeführt wurde. Im Dachgeschoss wurde ein Gemeinschaftsraum eingerichtet. Die feierliche Einweihung des Vereinshauses fand am 3. und 4. September 1976 statt. Seit über dreißig Jahren wird es also als ein Mittelpunkt des Hofheimer Vereinslebens intensiv genutzt. 2007 hat die Stadt Hofheim die aufwändige Grundsanierung des Gebäudes beschlossen. Anfang 2009 werden die alten und neuen Nutzer in das traditionsreiche Gebäude einziehen können.   

Fazit  

Als Fazit kann man feststellen, dass das Kellereigebäude in seiner fast 290-jährigen Geschichte eine sehr wechselvolle Nutzung erlebt hat. Erbaut als Jagdschloss und Amtsgebäude des Kurfürsten von Mainz, ging es 1803 in den Besitz des Fürstentums Nassau-Usingen über, wurde 1819 an einen Hofheimer Kaufmann verkauft, von dessen Nachkommen es die Stadt 1875 erwarb. In den Kriegen von 1792 bis 1815 wurde es mehrfach als Kommandozentrale und Lazarett genutzt. Es diente als Wohnsitz des Hofheimer Amtmanns und eines hohen nassauischen Landesbeamten. Während des ersten Weltkrieges war es am Anfang Standort für die Aufstellung eines preußischen Regimentes, nach 1918 Standort für französische Besatzungstruppen. Es war Hofheimer Hauptschule und Berufsschule, später Polizeistation des Kreises. Danach waren viele städtische Ämter in dem Gebäude untergebracht, bevor es zuletzt 1976 Vereinshaus wurde.  

Entsprechend dieser wechselvollen Geschichte hat es viele Umbauten erlebt, die im Einzelnen nicht mehr alle nachzuvollziehen sind. Ob das Kellereigebäude auch ein Vorleben als Marstall und Speicher hatte, konnte bis jetzt (Juni 2008) noch nicht stichhaltig geklärt werden. Es wird sich aber sicher lohnen, dieser Frage noch nachzugehen.   


Quellen
 

Becht, Manfred: Die Kurmainzer Kellerei. (Teil 1): Ein historisches Finanzamt und kurfürstlicher Landsitz. (Teil 2): Vom Verwaltungsbau über das Schulhaus zum Vereinsheim. Hofheimer Zeitung, 8. und 15. September 1998.  

Becht, Manfred: Hofheim und seine Geschichte. Band I (Textband). Roswitha Schlecker. Band II (Bildband), Hofheim, 2002.

Blisch, Bernd: Klassizismus zwischen Main und Taunus – Christian Zais als nassauischer Landbaumeister. Rad und Sparren, Zeitschrift des Historischen Vereins Rhein-Main-Taunus e. V., 2007, Nr. 37, S. 1-25.

Blisch, Bernd: Klassizismus zwischen Main und Taunus – Christian Zais als nassauischer Landbaumeister. Rad und Sparren, Zeitschrift des Historischen Vereins Rhein-Main-Taunus e. V., 2007, Nr. 37, S. 1-25.

Christ, Günter u. May, Georg: Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte. Bd. 2: Erzstift und Erzbistum Mainz. Territoriale und kirchliche Strukturen. Würzburg, 1997.

Freies Institut für Bauforschung und Dokumentation e. V.: Untersuchungsbericht Hofheim Wasserschloss. Marburg, 1994.

Jahn, Gunther: Der kurmainzische Hofkavalierarchitekt Anselm Franz Reichsfreiherr von Ritter zu Groenesteyn. 1692 – 1765. Frankfurt a. M., 1977

Reuschling, Dieter u. Schlecker, Roswitha: Bürgerwille gegen Herrscherwillkür. Hofheim am Taunus – eine Kleinstadt zwischen französischer und deutscher Revolution. Stadtmuseum Hofheim a. T., Beiträge zur Kultur- und Stadtgeschichte Nr. 14. Hofheim, 2007.

Ausstellungskatalog: Kurfürst Lothar Franz von Schönborn 1655 - 1729. Gedächtnisausstellung zur 300-Jahr-Feier seines Geburtstages. Neue Residenz Bamberg, 29. 7. bis 16. 10. 1955. Bamberg, 1955.

Schüler, Wilfried: Das Herzogtum Nassau 1806 – 1866. Deutsche Geschichte im Kleinformat. Wiesbaden, 2006.

Staats- und Adreß-Calender des Herzogthums Nassau 1813.

Wolber, Otto: 10 Jahre „Haus der Vereine“ (Kellereigebäude) 1976-1987. Kleiner (geschichtlicher) Rückblick. Hofheim, 1986.

Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abteilungen 106, 212, 228, 250/12, 2133, 3011 I / 2488 H und 3662 H.

Stadtarchiv Hofheim. 

Der Bericht wurde in „Zwischen Main und Taunus – Jahrbuch des Main-Taunus-Kreises, 2009, 17. Jahrgang, Seite 59-66“ veröffentlicht. Mit freundlicher Genehmigung des Main-Taunus-Kreises und des Autors erfolgt diese Präsentation.


Bearbeitung: Historischer Arbeitskreis Hofheim am Taunus (Wilfried Wohmann)


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