Skizzen aus Nassau
(nach archivalischen Quellen für das "Wiesb. Tagblatt" bearbeitet)
Teil I.
Das Mitte des 11. Jahrhunderts in Güterverzeichnissen des Klosters Bleidenstadt zum ersten Male erwähnte „Hoffeheim“ war Sitz der Adeligen gleichen Namens, von denen uns 1273 Giselbert als Pächter des Nied’er Zehnten genannt wird. Königsteinische Gefälle zu Hofheim vermacht 1294 Adelinde, Witwe des Wolvold von Königstein, zum Besten ihrer beiden Töchter im Weißfrauenkloster zu Frankfurt diesem Kloster. Mitte des 14. Jahrhunderts ist das Dorf Besitzung Philipps von Falkenstein des Aelteren, dem K. Karl gestattete, den Ort mit Mauern, Thürmen, Pforten und Brücken zu befestigen und zu einer Stadt zu machen, Stock und Galgen daselbst aufzurichten, Gericht, Amt Handwerk und andere gemeine Aemter nach Gewohnheit der Reichsstädte einzusetzen und Wochenmärkte anzuordnen; den Einwohnern sollten alle Rechte und Freiheiten, wie sie die Bürger Wetzlar’s genossen, eingeräumt werden. Bald darnach wird „Schloß“ Hofheim als Sitz eines Amtes unter Frank v. Cronberg in Urkunden bezeichnet. Wie das aus Schultheiß und 14 Schöffen zusammengesetzte Stadtgericht 1393 aussagte, sollte „das Dorf mit seiner Mark“ nach mündlichen Ueberlieferungen ihrer Altvorderen zur einen Hälfte vom HerzogthumOesterreich, zur anderen von der Grafschaft Katzenelnbogen zu Lehen rühren.
Später war die Stadt mit den zugehörigen Amtsorten Kriftel, Hattersheim, Sindlingen, Zeilsheim und Münster an Kurmainz – wie und bei welcher Gelegenheit ist unbekannt – gekommen, das es 1461 gelegentlich der Stiftsfehde dem Grafen Eberhard von Eppenstein-Königstein verpfändete. Wie ein Weisthum des Jahres 1500 besagt, erhoben die Königsteiner von der Bürgerschaft jährlich 15 Ohm trüben Weins, je zu 20 Vierteln, 15 Achtel Hafer und mancherlei Geld-, Kapaunen-, Hühner- und Eier-Zinsen, wogegen sie ihr die Benutzung von Wald und Weide zu gestatten und Schutz und Schirm angedeihen zu lassen hatten. Zu jenem Bedwein steuerte Jeder ein „Forstel“ zu 5-6 Maaß bei, der mit soviel in der Gemarkung begütert war, „daß er einen dreibeinigen Stuhl darauf setzen“ konnte. Auch zu Diensten und Weinbergsfrohnden waren die Einwohner verpflichtet, die bei solchen Arbeiten ein Brodchen und einen Trunk empfingen; frei von denselben waren nur die Bewohner des Pfarrhofes, des Rothofes, des Königsteiner Freihofes und eines Burgsitzes an der Kirche. Nach der Kellerei-Rechnung des Contze Hatstein von 1508 gingen in diesem Jahre ein an Maibede 13 Alb. bis 1 fl. 15 Alb. von jedem der zu Hofheim gehörigen Dörfer; an Herstbede von Kriftel 3 fl. 9 Alb., von Hedekam 15 Alb., von Hattersheim 6 fl. 5 Alb.; für eine Kuh von Sindlingen 2 fl. 6 Alb., von Zeilsheim 2 fl. 6 Alb., von Kriftel, Hattersheim und Münster je 3 fl.; sodann von jedem der fünf Dörfer 18 Albus sog. Amtsmannsgeld und endlich von Peter Boller in dem Hofe des Klosters Mockstadt zu Sindlingen 7 Alb. 7 Pf. oder 11 Schilling. Ein ansehnliche Einnahme brachte der „ernnwyne“ (Erntewein) und der „turbe wyne“, der zu 12 und 14 fl. das Fuder gekauft und in den Dörfern für 6 und 8 Pfennig per Maaß auf herrschaftliche Rechnung verzapft wurde; der meiste Erntewein, 11 Ohm 2 Viertel, wurde zu Kriftel, der meiste Kirbewein, 5 Ohm 9 Viertel, zu Zeilsheim verbraucht. Zoll und Weggeld betrug 245 fl. 15 Alb., das Wiegegeld 20 fl. 14 Alb. 6 Pf. 1 Heller, das Ungeld 54 fl. 20 Alb. 6 Pf., der Martinszins 26 fl. 21 Alb. 2 Pf. 1 Heller, das Bußengeld 30 fl. 12 Alb. Von den eingehenden Naturalien wurden Korn und Erbsen zu 18 bzw. 13 Alb. per Achtel, Hühner und Kapaunen zu 8 Pf. das Stück, Gänse zu 20 Pf. das Stück verkauft.
Von 1559 betrieb Kurfürst Daniel bei dem Grafen Ludwig von Stolberg die Wiedereinlösung des Amtes Hofheim. Es kam dabei zu Steitigkeiten, da letzterer die Einwohner aller Amtsorte zur Folge an das Königsteinische Halsgericht zu Dieffenwegen sowie zur jährlichen Lieferung eines Büttel- oder Henkerlaibs verpflichtet wähnte, ferner die vogteilichen Rechte zu Münster und Hattersheim sowie die unbeschränkte Hoheit in dem mittlerweile gleichfalls zum Amt gezogenen Marxheim beanspruchte, während ihm jener Marxheim nur zur Hälfte zugestand und von besagten Rechten nichts wissen wollte. Am 30. April 1565 einigte man sich endlich dahin, daß Münster und Hattersheim, gleich den übrigen Amtsorten, mit ihrer niederen und hohen Obrikgkeit, also auch mit den Vogteirechten, an Kurmainz fallen und die Amtsbewohner zur Entrichtung eines Henkerlaibs oder zur Folge nach Dieffenwegen nicht mehr angehalten werden sollten. Marxheim und das ebenfalls streitige Niedereschbach blieben ganz bei Königstein. Die Königsteinischen Patronatsrechte zu Hofheim tauschte Kurmainz gegen die ihrigen in Niedereschbach ein. Graf Ludwig von Stolberg-Königstein erhielt die Einlösungssumme von 20,000 fl. und das durch Absterben Philipps v. Reineck freigewordene Erzkämmerer-Amt mit einer jährlichen Rente von 100 fl. aus dem Zoll Höchst, die mit 2000 fl. ablöslich war. Auch wegen des vormals dem Henne v. Hofheim gehörig gewesenen Hofes, nachmaligen kurmainzischen Burgsitzes der Familie v. Herdan bei der Kirche, den die Königsteiner der Stadt zur Erweiterung ihres Kirchhofes überlassen hatten, fand sich ein Ausgleich.
Bereits am 28. Juni 1561 hatte Kurfürst Daniel den Landgemeinden die Ablösung der Frohnden, des Atzrechtes und den Verzapf des Ernte- und Kirbenweins zugestanden. In der Kellerei-Rechnung von 1563 wurden die Pauschalsummen: 400 fl. für Dienste, 100 fl. für Atzung, 50 fl. für Erntewein und 19 fl. 4 Alb. für Kirbenwein von den fünf Landorten vereinnahmt; als Ungeld wurde der 12. Pfennig sowohl von diesen Landorten, wie von der Stadt Hofheim nach wie vor erhoben! Außer den vorbezeichneten Posten, der ständigen Mai- und Herbstbede, dem Kuh- und Amtmannsgeld, gingen ein: Gründonnerstagszins aus Hofheim 21 Alb. 2 Pf. 2 Heller, 60 ¼ Hühner und 150 Eier, Martinszins aus Hofheim 25 fl. 19 Alb. 16 Gänse à 3 Alb. (24 Pf.), 15 Kapaunen à 21 Pf., 91 Hühner à 10 Pf., Korn für 735 fl. (das Achtel 2 ½ fl.), aus der Mehlwaage 35 fl. 32 Alb. 2 Pf., aus dem Landzoll zu Hofheim und Hattersheim 17 fl. 5 Alb., an Weggeld zu Hofheim und Hattersheim 12 fl. 4 Alb., an Güldenzoll aus Hofheim, Hattersheim, Münster und Sindlingen 176 fl. 22 Alb., an Bußen 88 fl. 14 Alb., aus den herrschaftlichen Wiesen 68 fl. in Albus oder 60 fl. Frankfurter Währung und einige kleinere Zinsbeträge mit zusammen 1982 fl. 14 Alb. 1 Pf.
Von den Thürmen und der Stadtumwehrung, zu deren Unterhaltung das Bürger- und Einzugsgeld Verwendung fand, erhielten sich bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts der Hexenthurm zwischen Kellerei und Schloß, der dem Vogteidiener zur Wohnung dienende Schlosserthurm und der Büttelthurm; letzterer kam 1787 zum Verkauf. Das Unter- oder Fischertor, das in seinem 25‘ hohen Ueberbau die Gefängnisse barg, kam 1817 zum Abbruch, gleichzeitig die Hirtenhäuser an diesem wie am Oberthor und der 2 Morgen große Haingraben vor dem Ort, dieser für 800 fl. veräußert. Die steinerne Brücke vor dem Unterthor ließ 1585 Kurfürst Wolfgang bauen. – Zur Bewachung der Stadt waren zwei Pförtner und Scharfwächter bestellt, zu denen Jahreslohn von je 2 bezw. je 9 fl. jeder Hausgeseß 6 Alb. 6 Pf. sogen. Wächtergeld beitrug.
Eine Feste für sich bildete die außerhalb der Stadtmauer bei dem Unterthor auf der Insel eines Weihers gelegene, mit einer Mauer umzogene und vermittelst einer steinernen Brücke von der Kellerei aus zugängliche „Burg“ oder das „Schloß“, das in der Mainzer Stiftsfehde und bei dem Ausgleich zwischen Mainz und Hessen nach dem 30-jährigen Kriege eine Rolle spielte. Sein Erbauer dürfte gleichfalls Philipp von Falkenstein gewesen sein, da es in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts, nach Befestigung der Stadt auftaucht. Eine Federzeichnung aus dem Jahre 1668 führt uns einen wunderlichen alten Bau, unten in Stein, oben in balkenreichem Fachwerk ausgeführt und mit einem dreistöckigen Mansardendach versehen, vor Augen, dessen Hochparterre eine doppelte Freitreppe zugänglich macht, während ein zu ebener Erde gelegener Eingang rechts derselben zu den Souterrain- und Kellerräumen, ein zweiter links derselben zu einem Kelterhause führt; die innere Einrichtung veranschaulichen beiliegende Grundrisse. Während der Kriege des vorigen Jahrhunderts verfiel das bereits im 30-jährigen Kriege stark beschädigte Gebäude vollends und nur der überdachte Steinbau mit einigen heizbaren Kammern, dem Kelterhause, dem Keller und zwei großen Stallungen war noch übrig, als 1796 die Franzosen hier einfielen und auch diesen den Stempel des Krieges aufdrückten. 1804 wurde die Ruine abgebrochen und das Material zum Bau einer Pfarrscheune verwendet. Auch den Burgweiher ließ die Wiesbadener Regierung damals bis auf einen Wässerungsgraben zu Wiesen trocken legen.
Von sonstigen Bauten sind bemerkenswerth: der Königsteinische Freihof an der Unterpforte, den mit sein Ländereien gegen einen jährlichen Canon von 30 Achteln Korn und 30 Achteln Hafer Graf Eberhard zu Königstein 1507 dem Keller Contze Hattstein in Erbpacht gab; im letzten Viertel desselben Jahrhunderts trugen ihn Magnus Hattsteins Erben zu Lehen. Der kurmainzische Rodhof, das rothe Haus genannt, am Stephansberg gelegen, mit 7 Morgen Wiesen war 1506 von Kurfürsten Jacob mit Zustimmung des Grafen Eberhard dem Hofheimer Amtmann Walther v. Isenburg-Ortenberg[1] als Mannlehen übertragen worden; er hatte dafür in Nothfällen dem Kurstaat einen Reiter mit Pferd zu stellen; 1537 besaß das Lehen Georg, später Balthasar J., nach dessen Absterben es von dem Kurfürsten Albert II.[2] eingezogen und dem Kammerschreiber Martin Flad übertragen wurde, von dem es an Georg Ludwig und an Wolf Hatzstein überging; letzterer besaß es 1549; 1605 hatte es sein Sohn Andreas, 1630 sein Enkel Thomas in Händen. An dem damals sehr baufälligen drei Stockwerke hohen Hause war das Hattstein’sche „und ein zweites“ Wappen angebracht. 1636 zogen die beiden Söhne des Thomas H., Hans Jacob und Philipp, nach Köln, ihrem Vetter Philipp das Lehen überlassend, und 1652 verzog auch Thomas Hattsteins Wittwe aus Hofheim. Von Philipp v. H. löste es 1662 Mainz ein und übergab es 1672 dem Hofheimer Schultheißen Joh. Traut für ???? Frkf. Währung; im vorigen Jahrhundert hatten es die Familien Dreser, Schauer inne.
Teil II.
Die von den Grafen Ludwig zu Stolberg-Königstein eingeführte evangelische Religion mußte 1603 bei der Gegenreformation durch Kurmainz der katholischen wieder weichen; der damals aus Weißkirchen nach Hofheim versetzte kath. Pfarrer Kurdt trug mit der Gemeinde bis zum Ausgang des dreißigjährigen Krieges Freud und Leid. 1635 stellte er der kurf. Regierung seine Dürftigkeit vor, indem er schrieb, er müsse wie jeder Gemeindsmann im Wamms zur Kirche gehen, da er weder Chorrock noch Mantel besitze. Das unter seinem Nachfolger reparirte Pfarrhaus wurde 1736 von der zehntberechtigten Landesherrschaft erneuert, die auch Kirchen-Chor und Thurm unterhielt, während die Gemeinde das Langhaus der Kirche, das sie 1650 mit einer für 49 fl. 15 Alb. in Frankfurt erkauften Orgel ausgestattet, baute. Nachdem die Landesherrschaft 1708 den Kirchthurm mit einem Kostenaufwand von 260 fl. neu hergestellt und 1747 das Chor reparirt, ließ 1753 die Gemeinde die alte Kirche zu St. Peter und Paul bis auf den Grund abbrechen und 12‘ höher, sowie 16‘ weiter aufbauen; ihre Einweihung erfolgte 1756. – Ueber die Kapelle bei Hofheim siehe Dr. Grandhomme, Kreis Höchst, S. 138. –
Die Gefälle des Frühaltars, 53 Achtel Korn, hatten die Grafen v. Stolberg-Königstein eingezogen und daraus den Schullehrer mit 50 fl. und 6 Achtel Korn besoldet. Nach dem dreißjähr. Kriege mußte er sich mit 20 fl. begnügen, was einen häufigen Wechsel zur Folge hatte. Bei Ausbruch des siebenjähr. Krieges vertauschte der Präceptor Franz Hack die Feder mit dem Schwert und nachdem er 9 Jahre bei den kaiserlichen Dragonern und 8 Jahre bei den kurmainzischen Husaren gedient, bewarb er sich wieder um eine Lehrerstelle. Bei 170 Kindern erfolgte 1788 die Erweiterung des Schullokals und die Trennung der männlichen und weiblichen Jugend. 1811 unterrichtete der 78 Jahre alte Lehrer Volk die Mädchen, den Unterricht der Knaben hatte er einem in der Normalschule zu Idstein vorgebildeten Gehülfen übertragen, dessen Dienstleistungen er jährlich mit 15 fl. vergütete. Seine eigene Besoldung betrug neben freier Wohnung ca. 65 fl. Schulgeld (24 Kr. von einem Kind), 25 fl.Zuschuß aus der Bürgerschaft, 56 Klftr. Holz, 100 Wellen und 17 Malter Korn als Lehrer, 108 fl. 18 kr. ständige Deserviten und ca. 50 fl.Accidentien als Glöckner und Organist.
Bis zum vorigen Jahrh. hatte Hofheim ein mit 14 Schöffen zu besetzendes Gericht, dessen Siegel in der oberen Hälfte des Wappenschildes das Brustbild des h. Petrus, in der rechten Hand den Schlüssel, in der linken ein Buch haltend, in der unteren längs getheilten Hälfte rechts einen springenden Löwen, links das Mainzer Rad zeigt. Dem dortigen Gerichtszwang waren auch die fünf Amtsorte unterworfen, deren Einwohner die jährlichen drei ungebotenen Dingtage, an den Dienstagen nach dem 18. Januar nach Walpurgis und nach Michaelis zu besuchen hatten. In peinlichen Sachen stellten sie zu diesem Obergericht, von dem eine Appelsation an das Mainzer Hofgericht zulässig war, je einen Blutschöffen. Das 1722 massiv aufgeführte Hofgericht wurde 1813 abgebrochen, die beiden 20‘ hohen, 3 ½‘ starken Steinsäulen erwarb für 20 fl. der Papierfabrikant Wehrfritz, um sie bei dem Bauwesen an der Papiermühle zu verwenden. – Die Zahl der Schöffen wurde im vorigen Jahrhundert, als die Landorte eigene Gerichte erhielten, auf 7 vermindert.
Ueber die sonstigen inneren Verwaltungsangelegenheiten der Stadtgemeinde informieren uns die von 1636 ab erhaltenen Bürgermeister-Rechnungen. Alljährlich am 18. Januar wurden vom Ortsvorstand, der dabei 22 fl. 3 Alb. verzechte, die Gemeindediener angenommen; die beiden Bürgermeister (Gemeinderechner) erhielten 20 fl., vier Scharwächter 36, zwei Pförtner 4, der Uhrsteller 2, Mehl- und Brodwieger 1 fl., drei Feldschützen 2 fl. 21 Alb., der Büttel 10 fl., der Gerichtsschreiber 5 fl. 12 Alb. – Im Jahre 1636 stand der Gesammteinnahme von 187 fl. 4 Alb. 4 Pf. eine Ausgabe von 214 fl. 23 Alb. 7 Pf. gegenüber, unter letzterer ein Posten „zur Wiedererlangung der im schwedischen Kriege verloren gegangenen Briefe und Siegel“. Von 1638 ab führen die Rechnungen die Einwohner mit ihrer ??? (Gemeindesteuer) namentlich auf, sie werden dadurch zu wichtigen statistischen Nachweisen. 1639 erzielte man eine kleine Einnahme aus den Resten der niedergebrannten Schießhütte; es sei bei dieser Gelegenheit erwähnt, daß bereits 1422 die Hofheimer Schützen zu einem Stahlschießen nach Frankfurt geladen wurden (Lersner, II, 721); von 1660 ab bezogen sie 6 fl. von der Gemeinde und später (bis 1781) auch 6 fl. aus dem landesherrlichen Acrar zur Verwendung beim Abschießen am Jahrmarkt; jeder junge Bürger gehörte 10 Jahre lang der Schützen-Compagnie an.
Mit dem Jahre 1650 beginnt die Friedensarbeit der Bürger. Nachdem die Pforten, Schul- und Rathhaus reparirt, wurde die in letzter Zeit zu Frankfurt in Verwahrung gestandene Gerichtskiste zurückgeholt. Weiter beschaffte man in demselben Jahre vier Feuerleitern und zwei Feuerhaken; eine Feuerspritze wurde von sämmtlichen Amtsortschaften 1754 für 700 erworben; die Weede oder der Feuerweiher in Hofheim kam 1789 für 104 fl. zur Versteigerung. – 1652 ließ die kurfürstliche Regierung auf ihre Kosten eine Mehlwaage herrichten, die kam 1808 zum Verkauf. – 1656 leitete die Bürgerschaft einen Brunnen in den Ort vor das Rathhaus, zu dessen Kosten von jedem Bürger ein Extragulden zur Erhebung gelangte; zu den nun vorhandenen beiden Röhrenbrunnen und einem Ziehbrunnen kam 1725 der in der Kellerei, der jedoch 1806 wieder entfernt wurde. – 1658 umging, einen alten Gebrauch erneuernd, am Fastnachtsdienstag die ganze Gemeinde wieder ihren Wald; man traf dabei mit den Einwohnern Lorsbachs zusammen und beschloß nachher den Tag mit einer kleinen Festlichkeit. – 1660 ließ sie ein Badhaus bauen; die Zimmerarbeit wurde dem Meister Velten für 50 fl. verdingt, doch gingen außerdem für „Weinkauf“ bei dem Verdingen, für „Streckwein“ und für „Schlußwein“ noch ca. 12 fl. auf.
Teil III.
Die Einwohnerschaft zählte damals (1660) 77 Hausgesesse mit 60 Bürgern. Von 71 Bürgern mit 169 Kindern im Jahre 1609 war sie während des langen Krieges, wenn auch vielen Schwankungen unterworfen, doch verhältnißmäßig wenig zurückgegangen, sie umfaßte 1650 55 und 1656 63 Hausgesesse mit 49 Bürgern, 11 Beisassen und 3 Juden. 1680 wird die Bevölkerung zu 77 Bürgern, 1712 zu 157 Bürgern und 17 Wittfrauen, 1781 zu 1050 Seelen angegeben.
Das Bürgeraufnahmegeld betrug Mitte des 17. Jahrhundert für einen Mann 8, für eine Frau 4 fl.; Beisassen zahlten alljährlich 2 resp. 1 fl., trugen aber zur ständigen Bed Nichts bei; abziehende Bürger und Bürgersfrauen mußten 20 bezw. 15 fl. hinterlassen. Ein Jude mußte bei einer Aufnahme 300 fl. Vermögen nachweisen; das von ihm zu entrichtende jährliche Schutzgeld betrug in Hofheim 20, auf den Landorten 10 fl.; an den Amtmann entrichtete er jährlich einen Reichsthaler, an den Keller 1 fl., den sogen. Neujahrsgulden und an den Höchster Zollschreiber lieferte er die Zunge von dem etwa geschlachteten Rindvieh ab; der weiter von ihm zu entrichtende Leibzoll gehörte zu den besten Einnahmen der Landesherrschaft, er betrug von 1783 bis 1789 bei den Rezepturen Höchst und Hofheim jährlich im Durchschnitt 1181 fl. 10 Kr.
Behufs Schatzung ließ die kurfürstliche Regierung im Jahre 1661 sämmtliche Amtseinwohner mit ihrem Besitz an Gebäuden, Ländereien, Vieh, Baarvermögen x. sowie mit ihren Schulden namentlich spezifiziren. Jedem der 71 Bürger Hofheims wurde zu den Activen ein Kopf- oder Nachbargeld von 100 fl., den Gewerbetreibenden der Betrag von 30 bis 200 fl. (Müllern 30, Rothgerbern und Weißbindern 40, Zimmerleuten und Wirthen 50, Leinewebern 60, Brauern und Wagnern 100, Schmieden und Krämern 200 fl.) zugeschlagen; so brachte die städtische Bevölkerung sammt den 20 Forensen ein mit 2944 fl. Schulden belastetes Kapital von 51,107 fl. zusammen. An Gewerbetreibenden lebten in der Stadt: 3 Wirthe (Quirin Bleidner, Lorenz Traut und Heinrich Traut, letzterer zugleich Bäcker), 3 Bäcker (Phil. Weyland, Thomas Roos und jener Traut), 2 Krämer (Peter Lercus oder Lerguß und Joh. Schneider, letzterer zugleich Schneider), 2 Bierbrauer (Peter Glitz und Peter Becht), 1 Wagner, 1 Schmied, 1 Waffenschmied (der 1652 eingezogene Heinrich Hoff), 1 Schlosser, 1 Zimmermann, 1 Weißbinder, 1 Schreiner (der 1660 zugezogene Joh. Leichner), 1 Faßbinder, 1 Leineweber, 2 Schuhmacher, 2 Lohgerber.
Bei einem anscheinend blühenden Weinbau war der Rebensaft Hauptgetränk der Bewohner. Daß daneben in den Wirthschaften frühzeitig auch Bier zu haben war, zeigt die Kellerei-Rechnung von 1508, nach welcher gelegentlich der Anwesenheit des Grafen Eberhard von Königstein im Schloß zu Hofheim einer seiner Diener ein Maß Bier für 10 Kr. beim Wirth Hermann auf Kosten seines Herrn trank. Die Ungeldberechnungen lassen für einzelne Jahre einen recht anständigen Weinconsum erkennen; so verzapften ???? Jeronimus Geiß 5 Fuder 5 ½ Ohm, Wolf Ganckwolf 14 ½ Fuder und mehrere Heckenwirthe 6 Fuder 4 ½ Ohm, das Maaß (4 Schoppen) zu 14, 16, 18 und 20 Pfennig. 1762 erntete man in Hofheim 60, 1763 30, 1764 10, 1766 45 Fuder Wein. Nach einer alten Ordnung sollten die Wirthe stets nach gutem Wein trachten, gerechtes Maß halten und vom Fuder nicht über 10 fl. Verdienst nehmen. Auch „Appelwein“ gab es 1636 schon. Als älteste Wirthschaften werden die „Zur Rose“, „Zum grünen Baum“, „Zur Krone“ und „Zum Hirsch“ genannt.
Wiederholt, indessen immer mit wenig Erfolg, versuchte man die Belebung des Handels. Der Jahrmarkt, der auf Grund des Privilegs des Kaisers Ferdinand I. v. 6. Dez. 1562 am 1. September abgehalten wurde, mußte 1650 von Neuem „ausgetrommelt“ werden. Einen vor dem dreißigjährigen Kriege üblich gewesenen Wollenmarkt am Montag nach Dreifaltigkeit führte Kurfürst Johann Philipp 1671 wieder ein, indem er gleichzeitig die Landbewohner der Aemter Höchst und Hofheim bei Strafe anwies, ihre Wolle nirgends anders als hier abzusetzen; aber schon 1720 mußte Erzbischof Lothar Franz für diesen Wollenmarkt eintreten. Sowohl diesen, wie dem Pfingstmarkt, den derselbe Kurfürst 1723 gestattete, fehlte es an Käufern, die heranzuziehen auch für den Herbstmarkt die Gewährung einer sechsjährigen Zollfreiheit 1576 nöthig mache. Dieser Herbstmarkt wurde 1812 auf Sonntag und Montag nach Gallustag (Mitte Oktober) verlegt.
Eine größere Anziehungskraft übte Hofheim auf Gewerbetreibende aus, denen die Wasserkraft des Schwarzbaches zu statten kam. Außer mehreren Lohgerbereien waren Anfangs des 17. Jahrhunderts Ober- und Untermühle, in die Hofheim, Kriftel, Sindlingen und Zeilsheim gebannt waren, vorhanden. 1617 baute Joh. Weiland von Hofheim die Wiesenmühle als Hirsen-, Oel- und Lohmühle, 1618 versah er sie auch mit einem Mahlgang. Nachdem sie 1639 verwüstet worden war, kaufte Reinhard Weiland 1640 von dem aus Weilbach gebürtigen Jakob Strack die Untermühle, von der 6 Malter Erbpacht zu entrichten war. Die Obermühle brachte 1653 ein Heinrich Werner für 800 fl. in seinen Besitz. Eine zweite Lohmühle hatten mittlerweile Hans Firn und Dillman Krauß 1621 eingerichtet. Oberhalb Hofheim am Wald richtete 1660 ein Hofheimer eine Holzschneidemühle ein, die aber bald wieder verfiel. Dort legte ein Schwiegersohn des Schneidmüllers, Nicolaus Böltz, 1703 die untere Atzmühle an, in die Marxheim gebannt wurde. Zur unteren kam 1726 die obere Atzmühle, angelegt von Conrad Merzenbach.
Der 1683 im Hofheimer Wald begonnene Bergbau auf Eisensteine hatte 1684/85 die Aufrichtung einer herrschaftlichen Eisenhütte zur Folge; unter Direktion des Christoph Ernst von Lindau lieferte sie außer Oesen und Eisentheilen für die Mainzer Hofschmiede auch Stückkugeln, Granaten und Bomben. Als man aber 1700 einen zweiten Hammer außerhalb Hofheims etablirte, ging jener zwischen der Stadt und Kriftel zurück; er wurde 1708 dem Gabriel Mayenhöfer von Oberursel zur Umänderung in eine Papiermühle gegen eine Jahrespacht von 250 fl. überlassen.
[1] Gemeint ist Walther Eisenberger
[2] Gemeint ist Kurfürst Albrecht von Brandenburg
Enthalten in „Sammlung Höhn“, Hess. Landesbibliothek Wiesbaden, Gz 301, Band 58, aus Wiesbadener Tageblatt, Abendausgabe, Nr. 453 (27. September 1892), Nr. 454 (28. September 1892), Nr. 455 (29. September 1892)