Historisches Hofheim am Taunus

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Hofheimer Personen


Franz Hugo Wehrfritz


Foto: Cornelia Rösner

Papierfabrikant, Abgeordneter der Nassauer Volkskammer 1848-1851


* 22. August 1806 in Kriftel (Papiermühle)
+ 14. Dezember 1888 in Hofheim am Taunus


Franz Hugo Wehrfritz gehörte zu einem Familienclan von Papierfabrikanten, zu seiner Zeit wohl eine erfolgversprechende Grundlage für den beruflichen Erfolg und den Wohlstand einer Familie. Sein Großvater Johannes Wehrfritz, geboren um 1730, war schon Papierfabrikant in Weismain (Oberfranken). Er heiratete 1762 die Witwe des Besitzers der Papiermühle zwischen Hofheim und Kriftel, Maria Margaretha Hohfeld, geborene Dröser aus Hofheim. Ihr Ehemann Philipp Hohfeld war 1759 im Alter von 34 Jahren verstorben. 1766 ersteigerte Johannes Wehrfritz die halbe Papiermühle und übernahm 1770 den gesamten Besitz.

Die beiden Söhne aus der Ehe von Johannes und Maria Margaretha Wehrfritz, Johannes und Adam Hugo Franz, wurden ebenfalls Papierfabrikanten. Der ältere Johannes Wehrfritz, geboren 1763, übernahm eine Papiermühle in Schweppenhausen bei Stromberg, der jüngere Adam Hugo Franz Wehrfritz, geboren 1773, folgte als Papierfabrikant seinem Vater in Kriftel. Er heiratete 1798 Maria Margaretha Seelig aus Hattersheim, mit der er sieben Kinder hatte, sechs Töchter und einen Sohn. Sie war die Schwester des späteren Hofheimer Stadtschultheißen Johann Seelig (Amtszeit von 1817 bis 1831). Der 1806 geborene Sohn war Franz Hugo Wehrfritz, der wiederum nach dem Tod seines Vaters 1838 die Krifteler Papiermühle weiterführte.

Franz Hugo Wehrfritz heiratete am 14. Juli 1833 in Hofheim die Arzttochter Friederike Marchand aus Eltville und hatte mit ihr zwölf Kinder. Von ihnen sind die beiden Töchter Margaretha Friederike, geboren 1840, und Eva Franziska (Fanny) Wehrfritz, geboren 1845 bekannt geworden, die Lehrerinnen wurden, unverheiratet blieben und gemeinsam eine Pension und eine Kochschule in Bensheim an der Bergstraße betrieben. Nach dem Tod ihrer Schwester 1914 zog Fanny Wehrfritz 1918 nach Hofheim, wo sie 1930 verstarb.

Franz Hugo Wehrfritz führte die Papiermühle bis zum Jahr 1874. Er übertrug sie dann an den Ehemann seiner jüngsten Tochter Rosa, dem Papierfabrikanten Jakob Feierabend. Dieser wandelte die inzwischen veraltete Papierherstellung in eine Pappenfabrikation um, betrieb die Fabrikation selber aber nur bis 1879 weiter. Dann wurde die Papiermühle an Wilhelm Schaaff verkauft, der nicht mehr zum Familienclan Wehrfritz gehörte. Franz Hugo Wehrfritz zog zu seinem Sohn Hermann Friedrich nach Hofheim. Der hatte in Hofheim in der Lorsbacher Straße 22 (Ecke Cohausenstraße) eine Bauernhof gebaut. Dort verbrachte Franz Hugo Wehrfritz seinen Lebensabend. Er starb am 14. Dezember 1888 in Hofheim, wo er am 17. Dezember 1888 auch begraben wurde.

Politische Aktivitäten

Die älteste Schwester von Franz Hugo Wehrfritz, Katharina Josepha Wehrfritz, heiratete 1825 den Hofheimer Metzger und Gastwirt Philipp Kremens. Seine Gastwirtschaft lag in der Hauptstraße Hofheims (heute Nr. 55), die später die Metzgerei Kilb wurde. In dieser Gastwirtschaft sollen sich bei der Hofheimer Schulhausrevolte die sogenannten „Tumulanten“ getroffen haben, die am Abend des 3. Mai 1831 den begonnenen Neubau der Schule in der Burgstraße niedergerissen haben.

Diese Revolte wurde mit der Besetzung Hofheims durch nassauische Truppen niedergeschlagen. Der rebellische Geist vieler Bürger gegen den nassauischen Obrigkeitsstaat konnte aber nicht unterdrückt werden. In den Jahren nach der Schulhausrevolte muss sich in Hofheim eine politische Verbindung gegen die bestehende staatliche Ordnung gebildet haben, die sich mit Freiheitsforderungen gegen sie gewandt hat. Die Teilnehmer der Verbindung wurden durch die „correctionale“ Justiz des Herzogtums Nassau 1835 angeklagt und verurteilt. Die Prozessunterlagen konnten bisher nicht ermittelt werden, die Urteile wurden aber – wie damals für alle Verurteilungen üblich – im „Herzoglich Nassauischen allgemeinen Intelligenzblatt“ publiziert. Danach wurden „wegen Theilnahme an einer politischen Verbindung zur Verbreitung aufrührerischer Schriften“  sechs Personen aus Hofheim und Hugo Franz Wehrfritz von der Papiermühle bei Kriftel zu Haft im „Correctionshaus“ (im Kloster Eberbach) verurteilt, und zwar:

  • Zu sechs Monaten: Philipp Joseph Weiler (Besitzer der Kellerei Hofheim und 1832 Abgeordneter der ständischen Deputiertenkammer Nassaus).
  • Zu neun Monaten: Hugo Franz Wehrfritz, Philipp Kremens (sein Schwager), Johann Manzino, Johann Seelig (Onkel von Hugo Franz Wehrfritz, Hofheimer Stadtschultheiß bei der Schulhausrevolte und von 1833 bis 1835 Abgeordneter der Deputiertenkammer), Joseph Seelig (sein Sohn).
  • Zu eineinhalb Jahren: Martin Weiler (der Bruder von Philipp Joseph Weiler).

Von den Genannten waren Johann Manzino, Martin Weiler, Johann und Joseph Seelig schon wegen ihrer Beteiligung an der Schulhausrevolte von 1831 verurteilt worden. Welche Forderungen die „aufrührerischen Schriften“ enthielten, die die Verurteilten verbreitet haben sollen, ist nicht bekannt. Es ist aber wahrscheinlich, dass sie sich von vielen anderen politischen Forderungen dieser Zeit nicht wesentlich unterschieden, nämlich Presse- und Versammlungsfreiheit, allgemeines, gleiches Wahlrecht, Reform der Justiz. Es sollte aber noch bis zur Revolution 1848/49 dauern, bis sie für eine begrenzte Zeit verwirklicht werden konnten. Nach den Reformzusagen des Herzogs Adolph von Nassau an die rebellierenden Nassauer in Wiesbaden am 4. März 1848 arbeitete noch die alte Deputiertenkammer ein neues Wahlgesetz aus, das auf dem Grundsatz des allgemeinen, gleichen und geheimen, aber indirekten Wahlrechts für Männer beruhte. Das  Wahlgesetz wurde am 28. März von der Deputiertenkammer angenommen. Am 18. April fand dann die Urwahl der Wahlmänner in den Wahlbezirken aus je zwei Ämtern statt. Sie wählten am 1. Mai 1848 die Abgeordneten der jetzt so genannten nassauischen Volkskammer.

Von den Wahlmännern des Wahlkreises Königstein/Höchst wurde am 1. Mai 1848 Franz Hugo Wehrfritz zum Abgeordneten der Volkskammer gewählt. Er zählte dort zu den Abgeordneten der politischen Linken. Auffällig bei den genannten Beteiligten an den politischen Aktivitäten in Hofheim sind die zahlreichen verwandtschaftlichen Beziehungen, die es unter ihnen gab. So auch über Hofheim hinaus: Paul Weilbächer aus Weilbach wurde 1848 für den Wahlkreis Wiesbaden/Hochheim in die Volkskammer gewählt. Er war zuerst mit der Schwester Margaretha und dann mit der Schwester Anna Maria seines Kollegen in der Volkskammer, Hugo Franz Wehrfritz, verheiratet, also sein Schwager.

Nach dem Scheitern der Revolution in Deutschland 1849 und der Restauration des alten Herrschaftssystems wurden auch in Nassau durch ein Edikt vom 25. November 1851 die älteren Landesgesetze wieder eingeführt, also auch wieder die aus zwei Kammern bestehende Ständeversammlung, der Herrenbank und der Deputiertenkammer. Die demokratisch gewählte Volkskammer war damit wieder abgeschafft worden. Trotz dieser Niederlage gehörten Franz Hugo Wehrfritz und seine Mitstreiter zweifellos zu den frühen Wegbereitern der Demokratie in Hofheim.       


Quellen:

Herzoglich Nassauisches allgemeines Intelligenzblatt 1835, Nr. 46, 14. November 1835.  

Friedrich von Hößle: Die alten Papiermacher Wehrfritz. Zellstoff und Papier, Jahrgang 1926, Nr. 10. Zitiert in der Hofheimer Zeitung unter dem Titel „Die Papiermühle“, 10. Juni 1933.  

Hüwe, Hans J.: Die Geschichte der Papiermühle (Dokumentation). Unveröffentlichtes Manuskript, 1995. Stadtarchiv Hofheim.  

Rösner, Cornelia: Nassauische Parlamentarier. Teil 1: Der Landtag des Herzogtums Nassau 1818 – 1866. Wiesbaden, 1997.

Reuschling, Dieter und Schlecker, Roswitha: Bürgerwille gegen Herrscherwillkür. Hofheim am Taunus – eine Kleinstadt zwischen französischer und deutscher Revolution. Hofheim am Taunus, 2007.

Schüler, Winfried: Das Herzogtum Nassau 1806 – 1866. Deutsche Geschichte im Kleinformat. Wiebaden, 2006.   

„Wehrfritz, Franz Hugo“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/1036270920> (Stand: 15.4.2021)

Wohmann, Wilfried - Genealogische Daten Hofheimer Familien

Bearbeitung: Historischer Arbeitskreis Hofheim am Taunus (Dieter Reuschling)
Foto:  Rösner, Cornelia: Nassauische Parlamentarier. Teil 1, Seite 184.


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