Historisches Hofheim am Taunus

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Hofheimer Wirtshäuser


Hauptstraße 33 - Gebäude des ehemaligen Gasthauses "Zum Wolf", 1923 - Foto: Stadtarchiv Hofheim

Gasthaus „Zum Wolf‟


Lage: Hauptstraße 33 und 31, Ecke Pfarrgasse.

 

Nr. 33 erbaut 1554, Backsteinfassade zur Hauptstraße um 1900 errichtet.

 

Nr. 31 erbaut um 1687, ursprünglich in baulicher Verbindung mit Nr. 33.

 

Gasthaus seit Mitte des 16. bis Mitte des 19. Jahrhunderts.

 

 

Der erste Besitzer des vermutlich ältesten Hofheimer Gasthauses, der auch sein Namensgeber war, ist Wolfgang Wolffen, der nach den Rechnungen der Kellerei Hofheim schon 1566 eine „streifende Rotte“ bewirtet hat, die im Auftrag des Landesherren, des Kurfürsten von Mainz, unterwegs war. Nach Angaben in den ältesten, von Hans Ulrich Colmar ausgewerteten Hofheimer Gerichtsbüchern gab es schon vor 1500 Wirte in Hofheim, zugehörige Gasthäuser werden dort aber nicht genannt. Da das Gasthaus „Zum Wolf“ vermutlich schon Mitte des 19. Jahrhunderts geschlossen wurde, war sein Standort in Hofheim lange nicht bekannt. Erst durch die Kombination verschiedener Quellen war es möglich, diesen Standort mit hoher Wahrscheinlichkeit zu ermitteln.

Die frühesten Quellen sind die Rechnungen der Kellerei Hofheim. Bis 1573 wird der Wirt Wolfgang Wolffen dort öfter genannt. Das Gasthaus „Zum Wolf” erscheint erstmals 1580 in den Kellereirechnungen, aber auch in den folgenden Jahren immer wieder. Von anderen Gasthäusern in Hofheim sind vom 16. Jahrhundert bis zum Ende des 17. Jahrhunderts bisher keine schriftlichen Quellen bekannt. Zwischen 1671 und 1693 wurden im Kurfürstentum Mainz so genannte Schildrechte eingeführt, die mit der Konzession zum Verkauf von Speisen und Getränken aus eigener oder fremder Herstellung verbunden war. Ab 1694 sind sie zusammen mit dem Namen des Wirtes auch in den Rechnungen der Kellerei Hofheim verzeichnet. Danach gab es 1694 in Hofheim nur zwei Gasthäuser mit Schildrechten: „Zum Wolf“ mit dem Wirt Martin Kirsten und „Zum grünen Baum“ mit dem Wirt Johannes Berg. In den Rechnungen der Kellerei Hofheim wurden die Schildrechte bis 1815 aufgeführt. Bis dahin war  das Gasthaus „Zum Wolf“ mit den Namen seiner Wirte ständig dabei.

Eine weitere wichtige Quelle ist  der Untersuchungsbericht des „Freien Instituts für Bauforschung und Dokumentation e. V.“, der 1968 im Zusammenhang mit der Sanierung des Hauses Hauptstraße 31 erstellt wurde. In dem  Bericht vom September 1986 kommt das Institut zu dem Ergebnis, „dass offenbar das Grundstück Hauptstraße 31 zusammen mit dem Nachbargrundstück Hauptstraße 33 an der Pfarrgasse eine ursprüngliche, wohl noch mittelalterliche Großparzelle bildete“. Weitere Indizien deuten nach Meinung des Instituts darauf hin, „dass die heute bestehenden Häuser Hauptstraße 31 und 33 ursprünglich einem Besitzer gehört haben“. Nach dem Bericht soll das Haus Nr. 33 im Jahr 1554 oder früher erbaut worden. Die heute sichtbare Backsteinfassade wurde erst um 1900 zur „Modernisierung“ vor das alte, aber i. W. noch vorhandene Fachwerkhaus gesetzt.

Das Nachbarhaus Nr. 31 wurde nach dendrochronologischen Untersuchungen um 1687 erbaut. Es hatte eine bauhistorisch noch klar erkennbare Verbindung zur Nr. 33. Vermutlich war das Obergeschoss der Nr. 31 ursprünglich sogar nur über das Treppenhaus der Nr. 33 erreichbar. Der Untersuchungsbericht zum Haus Nr. 31 kommt u. a. zu dem Schluss, dass die „hier vorliegende Gebäudekonzeption am ehesten als Gasthaus zu interpretieren“ sei. Daraus wäre aber auch abzuleiten, dass im Haus Nr. 33 schon ein Gasthaus bestanden hat, das von seinem Besitzer auf dem ihm gehörenden Nachbargrundstück Nr. 31 durch einen damals moderneren Neubau erweitert wurde.
 
Als neue Quelle für den Standort des Gasthauses „Zum Wolf“ ist das Hofheimer Lagerbuch von 1764 hinzugekommen. Die „Behausungen“ in der Stadt und ihre Besitzer werden im Lagerbuch dokumentiert, aber selten mit Straßennamen und nie mit Hausnummern, da es sie damals noch nicht gab. Die Lokalisierung der Häuser erfolgte in der Regel durch die Nennung der Anlieger. Eine Analyse dieser Zuordnungen ergibt, dass für die Häuser Hauptstraße 31 und 33 kein Besitzer direkt genannt wird, aber dass die Nachbarn dieser Häuser feststellbar sind. Der Besitzer des Hauses Hauptstraße 29  ist Johannes Conradi und als sein Nachbar in der Nr. 31 wird Anselm Franz Aull bezeichnet. Auf der anderen Seite wird als Besitzer des Hauses Pfarrgasse 1 Johannes Messer genannt und als Nachbar im angrenzenden Haus Hauptstraße 33 wiederrum Anselm Franz Aull. Damit wird die Vermutung in dem genannten Untersuchungsbericht bestätigt, dass die Häuser Hauptstraße 31 und 33 ursprünglich nur einen Besitzer hatten, damals also Anselm Franz Aull.
 
Bei den Schildrechten für die Hofheimer Wirte wird in den Kellereirechnungen ab 1728 Anselm Franz Aull als Wirt des Gasthauses „Zum Wolf“ genannt. Zuletzt erscheint sein Name als Wolf-Wirt 1760 in den Anlagen zu den Kellereirechnungen. Aus allen genannten Fakten kann man mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit schließen, dass das Haus Hauptstraße 33 der Standort des Gasthauses „Zum Wolf“ war. Dafür spricht auch die Lage an der Hauptstraße als überörtlicher Durchgangsstraße durch Hofheim sowie seine Lage unmittelbar gegenüber der Kirche St. Peter und Paul. Sicher wurde auch der benachbarte Erweiterungsbau, das jetzt eigenständige Haus Hauptstraße 31, als Teil des Gasthauses „Zum Wolf“ betrachtet.
 
Durch die bauhistorische Untersuchung des Hauses Hauptstraße 33 ist festgestellt worden, dass es 1714 noch um ca. 4,8 Meter in Richtung der Pfarrgasse verlängert wurde.

Besitzer des Gasthauses waren (mit den Jahreszahlen, die urkundlich belegbar sind und der Angabe der Quellen):

  • 1566 Wolfgang Wolffen (Kellereirechnung)
  • 1580 Christof Rimperger (Kellereirechnung)
  • 1620-1626 Philipp Geilen (Kellereirechnung)
  • 1669 Lorenz Trauth (* um 1619, † 1684) (Wilfried Wohmann)
  • 1686 Johann Henrich Trauth (Hofheimer Gerichtsbuch) Er war vermutlich 1687 der Bauherr des Nachbarhauses Nr. 31.
  • 1694/1695 Martin Kirsten (Schildrechte)
  • 1696 Jakob Kroppengieser (Schildrechte)
  • 1707 Josef Jakob Trauth, auch Traudt geschrieben. (Schildrechte)
  • 1717-1722 Johannes Jakob Traudt (* 1679, † 1723). (Schildrecht)
  • 1723-1727 Anna Maria Traudt, geb. Götz (* 1699, † 1764), Witwe von Johannes Jakob Traudt. (Schildrechte)
  • 1728 bis ca. 1760 Anselm Franz Aull (* um 1700, † 1782), heiratete 1727 die Witwe Anna Maria Traudt. Er war von 1732 bis 1782 Schultheiß von Hofheim. (Schildrechte, bis 1730)
  • 1815 Ludwig Hahn. (letzte Kellereirechnung mit Schildrechten)

Wie lange und von wem das Gasthaus „Zum Wolf“ noch betrieben wurde, konnte noch nicht ermittelt werden, vermutlich nur bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Für das Jahr 1865 ist ein Einschnitt belegt, der darauf hinweist, dass das Gasthaus nicht mehr existierte: Der Gebäudekomplex Hauptstraße 33 und 31 wurde – urkundlich belegt – in drei Hofreiten aufgeteilt:

  1. Der ursprüngliche Teil Hauptstraße 33 und die westliche Hälfte der zugehörigen Scheune ging an Christian Müller,
  2. das Haus Hauptstraße 31 samt der Tordurchfahrt und dem östlichen Teil der Scheune an Adam Henninger,
  3. und die nachträgliche Verlängerung des ursprünglichen Hauptgebäudes ging als eigenes Wohnhaus an die Kinder des Martin Henninger über. 
Für diese drei Teile sind ihre Besitzer in den folgenden Jahrzehnten nicht durchgängig ermittelt worden. Hier werden die verschiedenen bekannten Nutzungen der Gebäude Hauptstraße 33 und 31 dargestellt.


Das Anwesen Nr. 33 blieb in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Besitz der Familie Christian Müller (* 1834), die dort eine Bäckerei und Landwirtschaft betrieb. Im rückwärtigen Teil des ehemaligen Gasthauses war bis 1933 ein großer Backofen vorhanden. Um 1900 wurde die zur Hauptstraße gerichtete Nordfassade vollständig durch eine neue aus Backsteinmauerwerk ersetzt. Der übrige Teil der ursprünglichen Holzfachwerkkonstruktion des Hauses blieb aber erhalten.

 

Bis 1902 war das Anwesen dann im Besitz des Sohnes Johann Adam Müller (* 1858), ebenfalls Bäcker und Landwirt. Die Bäckerei wurde von Friedrich Dietz von 1905 bis 1908 weitergeführt. Ihm folgte als Bäcker von 1909 bis 1919 Julius Erbes (* 1873, † 1953). Der nächste Besitzer Ludwig Listl (* 1879) wechselte von der Bäckerei zu einer Obsthandlung und betrieb im hinteren Teil des Anwesens zusätzlich ein Fuhrgeschäft und einen Altmaterialhandel, der später von seinem Schwiegersohn Josef Seyfferle (* 1906, † 1957) übernommen wurde. Kurzfristig war das Anwesen 1923 die Metzgerei von Friedrich Nachmann (* 1889, als Jude im März 1943 nach Polen deportiert. Sein Schicksal und sein Todesdatum sind unbekannt). In den 1930er Jahren wurde es dann das Friseurgeschäft Schweikart, dem 1939 der Friseur Ludwig Stach folgte.

Ein gewerkschaftliches Intermezzo gab es 1948, als dort ein Lebensmittelgeschäft des „Konsum“ einzog. Zuvor war das Schaufenster des vorhergehenden Bäckerladens und Friseurgeschäfts auf den heutigen Stand erweitert worden. Um 1955 zog wieder ein Friseurgeschäft ein, der Friseur Stach. Ihm folgte um 1960 der Friseur Werner Grabosch. Danach folgten bis heute noch einige Nutzungswechsel. Zuletzt gab es noch eine Annäherung an die ursprüngliche Bestimmung des Hauses als Gasthaus: In das ehemalige Ladengeschäft zog das Café Taunus, das aber inzwischen geschlossen wurde.

Vermutlich schon ab 1861 war Adam Henninger (*1832, † vor 1902) der Besitzer des Anwesens Hauptstraße 31. Er war Spenglermeister und betrieb in dem Anwesen wie später sein Sohn Wilhelm (* 1863, † 1948) ein Spenglerei- und Installationsgeschäft. Dessen Sohn Wilhelm Josef (* 1899) handelte um 1940 mit Kohlen und nebenbei mit Pferden. Nach dem Krieg gab es in dem Haus an der Hauptstraße  einen kleinen Laden, in dem Georg Reiher Drogerieartikel verkaufte. Der Laden wurde von dem Kunstmaler Franz Fritzen übernommen und erweitert. Er eröffnete dort 1947 ein Geschäft für Kunstgewerbe und sakrale Gegenstände, die „Hofheimer Werkkunst“. 1951 wurde die Durchfahrt zum Hof für die Erweiterung des Ladens mit einem dritten Schaufenster genutzt. Nachdem die Hofheimer Werkkunst 1955 in die Lorsbacher Straße umgezogen war, folgte in der Hauptstraße 31 Frau Bernates mit einem Geschäft für Mode, Modeschmuck und Geschenkartikel, das etwa 18 Jahre bestand. 1975 zog bis zur Sanierung des Gebäudes 1987 das Geschäft „Fachwerk“ von Margit Gutfleisch-Kozlowsky dort ein, das Kunstgewerbe, Keramik, Glas und Geschenkartikel verkaufte. Bei der Sanierung durch das Ehepaar Margit und Leonhard Gutfleisch wurde von 1987 bis 1990 vieles vom ursprünglichen Zustand wiederhergestellt, u. a. der Laden wieder auf zwei Schaufenster verkleinert. Dort zog 1990 das Kindermodengeschäft „Pico bello“ ein. Bis zur Gegenwart folgten noch weitere Nutzungen. 
 

Hauptstraße 31 (links) und 33 (rechts) in Hofheim, ehemaliges Gasthaus "Zum Wolf", 2013 - Foto: Heiko Schmitt


Quellen:
Stadtmuseum/Stadtarchiv Hofheim, Roswitha Schlecker (Hrsg.): Hauptstraße Hofheim am Taunus. Eine Straße verändert ihr Gesicht. Hofheim am Taunus, 2019, S. 90 – 91.
Freies Institut für Bauforschung und Dokumentation e. V.: Untersuchungsbericht. Hofheim, Hauptstraße 31. Marburg, 1986.
Gutfleisch, Leonhard: Das Haus Hauptstraße 31 in Hofheim/Taunus. Hessische Heimat, 38. Jahrgang/Heft 1, S. 45. 1988.
Reck, Hans-Hermann: Hofheim, Main-Taunus-Kreis, Hauptstraße 33. Bauhistorisches Kurzgutachten über das Wohnhaus. Wiesbaden, 2018.
Reck, Hans-Hermann: Hofheim, Main-Taunus-Kreis, Hauptstraße 33. Bericht über eine bauhistorische Untersuchung der Kelleranlage. Wiesbaden, 2018.
Reuschling, Dieter: „Zum Wolf“ ist das älteste Hofheimer Gasthaus. Hofheimer Zeitung 28. Mai 2021.
Lagerbuch der Stadt Hofheim von 1764. Stadtarchiv Hofheim.
Josef Nix – Genealogische Daten
Wilfried Wohmann – Genealogische Daten
https://www.hofheim.de/tourismus/Stadtportrait/Stolpersteine/Stolpersteine_in_Hofheim/180010100000008204.php

Bearbeitung: Historischer Arbeitskreis (Dieter Reuschling)


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