Historisches Hofheim am Taunus

Altes für die Zukunft bewahren!


Uraufführung des "Hofemer Fassenachts-Marsches" am
1. Februar 1947


 

Saalbau des "Frankfurter Hofes", 1948 - Bildquelle: Stadtarchiv Hofheim

Awuh, Alles wesche unserm Hofem“
Hofheimer Fastnachtsmarsch

Text und Komposition von Hermann Krupp

 

Uraufführung am 1. Februar 1947 im "Frankfurter Hof", Hofheim am Taunus

Am 1. Februar des Nachkriegsjahres 1947 wohnte das Hofheimer Narrenvolk im Saal des "Frankfurter Hofes" einem ganz besonderen Ereignis bei: Der eigens hierfür von Hermann Krupp komponierte Fastnachtsmarsch "Awuh, alles wesche unserm Hofem" wurde uraufgeführt!

Zu Fastnacht haben die Hofheimer schon immer etwas Besonderes auf die Beine gestellt, Livemusik in den Wirtschaften gehörte selbstverständlich dazu, auch wenn über das Ereignis, von dem hier berichtet wird, nichts in der Zeitung stand, denn wie Wilfried Wohmann im Stadtarchiv herausfand, gab es 1947 keine Zeitung.

Von Juni 1946 bis Juli 1949 erschien lediglich einmal wöchentlich der "Main-Taunus-Anzeiger", das amtliche Kreisblatt für den Main-Taunus-Kreis. In der Regel umfasste es zwei Seiten mit hauptsächlich amtlichen Mitteilungen. Im Main-Taunus-Kreis war damals von der Besatzungsmacht keine andere Zeitung zugelassen.


Hermann Krupps Kalender von 1947 kann jedoch darüber Auskunft geben, was sich damals im "Frankfurter Hof" außergewöhnliches ereignete: Unter besondere Termine lesen wir den Vermerk:
"1.2. Urauff. Hofh. Fasn. M." und im Kalender selbst findet sich mit genauen Angaben über Bezahlung und Besetzung der Kapelle am Samstag 1. Februar 1947 der Eintrag:


"Hofheimer Fastn. Marsch uraufgeführt (Ord.)

Karnevalverein Hofheim Frankf. Hof.
6 M.-5.- 19.30 - 1.00 (165.-) 12% 19,80
Retl (?) Freund, Hauck Jak. Thal, 3x Krupp.
27,50 -3,30=29,20 ausgez. Thal n. abgez."

Zur Uraufführung spielten also Vater Josef Krupp Klarinette und Saxophon, Sohn Hermann Krupp am Klavier und sein jüngerer Bruder Theo Schlagzeug (3x Krupp) sowie die Musiker Retl, Freund, Jakob Hauck und der Trompeter Thal.


Der Fastnachtsmarsch kam gut an und wurde an den folgenden Tagen in unterschiedlicher Besetzung im "Frankfurter Hof" gespielt wie aus den weiteren Kalendereintragungen von Hermann Krupp hervorgeht:


Montag, dem 3. Februar 1947
"Karnevalverein Hofheim, Frankfurter Hof, Kröller, Hauck Jak., Freund, 3x Krupp"

Samstag, dem 15. Februar 1947
"Karnevalverein Hofheim, Frankf. Hof, Freund, E. Wenz, 3x Krupp"

Sonntag, dem 16. Februar 1947
"Karnevalverein Hofheim, Frankf. Hof, Freund, E. Wenz, Knopf, 3x Krupp"

Montag, dem 17. Februar 1947
"Karnevalverein Hofheim, Frankf. Hof, Fischer, Lerner A., 3x Krupp"

Außerdem haben sich im Nachlass von Hermann Krupp die handgeschriebenen Originalnoten seines Hofheimer Fastnachtsmarsches in verschiedenen Stimmlagen für folgende Instrumente erhalten:

 

Klavier, Tenor- und Alt-Saxophon, Klarinette in Es und B, Tenor- und Flügelhorn, Bariton, 3 Trompeten, 3 Posaunen, Bässe, Fagott, Violine, Piccoloflöte und Schlagzeug. Einige Notenblätter waren vielleicht nicht zurückgegeben worden, denn es finden sich sogar Zweitschriften in Kugelschreiber.

 

Ausschnitt von den originalen, von H. Krupp eigenhändig geschriebenen Noten seines Hofheimer Fastnachtsmarsches für 14 verschiedene Instrumente in unterschiedlicher Stimmlage - Foto: I. Krupp

 

Hermann Krupp 1947 (21 Jahre) - Foto: Lang, Hofheim - Bildquelle: Fotoalbum I. Krupp

Hermann Krupp hatte neben anderen eine fundierte musikalische Ausbildung genossen.

  • 1936-40 Klavierunterricht in Hofheim am Taunus bei Kapellmeister Hans Fischer
  • 1942-43 Klavierunterricht beim Frankfurter Organisten und Maler Richard Schucht
  • und nahm 1947-49 das Musikstudium am Konservatorium Offenbach auf in Harmonielehre und Komposition bei Domkapellmeister A. Hartmann
  • von 1946-50 hatte er eine eigene Tanz- und Unterhaltungsmusikkapelle


Das 1947 begonnene Kompositions-Studium am Konservatorium Offenbach hatte offensichtlich schon Früchte getragen, so dass er eine so umfangreiche Aufgabe spielend bewältigen konnte. Begleitet hat ihn dabei seine Familie, vor allem Vater Josef Krupp als Mitbegründer des Salonorchesters und späteren Orchestervereins 1919, dem er bis ins hohe Alter von fast 90 Jahren aktiv angehörte und Ehrenmitglied (-Vorsitzender?) war. Er spielte Klarinette, S-Klarinette und Saxophon, sein jüngerer Sohn Theo Schlagzeug. Beide wirkten zusammen mit Hermann Krupp an der Uraufführung und den weiteren Terminen mit. Das gemeinsame Musizieren war sozusagen tägliches Brot im Hause Krupp in der Stolbergstraße 5. Und sie hatten stets viele Mitstreiter, so dass kein Termin ausfallen musste, wenn der ein oder andere Musiker nicht konnte. Vom Blatt spielen war Voraussetzung dafür, was offensichtlich gut klappte, denn die Noten waren geradezu gestochen scharf mit Feder und Tusche oder sogar einmal in Bleistift oder Kugelschreiber ausgeführt.

Außer dem Hofheimer Fastnachtsmarsch hat Hermann Krupp in dieser Zeit noch viele Tanzmusiken komponiert und arrangiert sowie alle Stimmen fein säuberlich mit Feder und Tusche aufs Notenpapier gebracht. 
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Wie wichtig diese Komposition für Hermann Krupp war zeigt die Präsentation in seiner Serie in 90 Bildern, der „Dichotomia Biographica. Ein Maler malt sein Leben“, die er von 2012 bis 2015 geschaffen hat. Die gemalten Notenblätter nehmen einen zentralen Raum in der Darstellung für das Jahr 1947 ein (siehe nachfolgenden Bildausschnitt).

Ausschnitt aus der Dichotomia Biographica Bild 1947 von Hermann Krupp - I. Krupp


Im Zentrum des Ausschnittes von der rechten Bildhälfte des Bildes 1947 aus der „Dichotomia Biographica. Ein Maler malt sein Leben.“ steht das 1. Selbstporträt, das Hermann Krupp von sich gemalt hat. Flankiert wird es von dem Aquarell der Burg Eppstein links oben und einem Aquarell rechts oben, genannt „Stilleben mit Palette“ das Hermann Krupp auf Burg Eppstein in seiner Ateliergemeinschaft mit Faber-Jansen malte. Links unten positionierte er seine Tuschezeichnung „Ansicht von Bensheim“ und rechts davon sein Aquarell „Schiffe am Main bei Hochheim“. Alle 1947 gemalten Werke werden sozusagen „unterfüttert“ von den Noten der Urfassung seiner Komposition des „Hofheimer Fastnachtsmarsches“. Hermann Krupp hat sie wie einen Kontrapunkt quer zu den übrigen Werken gestellt und sie damit unterlegt. Die gemalten Noten könnte man auch hiervon vom Blatt spielen, so exakt sind sie wiedergegeben.

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Und hier der Text des 1947 uraufgeführten "Hofemer Fassenachtsmarsch":
(im Piano Notenblatt mit Bleistift eingetragen) 

Hofemer Fassenacht ouw da is was los
Hofemer Fassenacht ei di is ganz groß
Hofemer Fassenacht läßt uns nit in Ruh
Is unser Heimatfest närrisch mit Awuh


(Zusatz unter den Noten mit Bleistift)

Text

Hoch dem Prinzen Karneval
Prosit seinem Fest
Auf geht’s zum Maskenball
Rein ins Narrennest
Wein, Glück und Seligkeit
Mädchen hübsch und fein
Hier lassen zur Narrenzeit
Alle lustig sein

Schön ist die Blasmusik
Schingtera Bum Bum
Spielt sie dein Lieblingsstück
Dreh dich gleich mal um
hol‘ dir ein Mädel fein
nach unsrer Blasmusik
… heiß
… weiß

 

Der Hofheimer Narrenschar gefiel die Komposition so gut, dass der Fastnachtsmarsch für etliche Jahre zum festen Fastnachts-Repertoire vieler Kapellen gehörte, die entsprechende Besetzungs-Änderungswünsche an den Komponisten herantrugen, weswegen sich im Notenfundus auch so viele Stimmlagen außer der Urfassung finden.

1950, im Jahr als das 50jährige Bestehen der Karnevalgesellschaft 1900 gefeiert wurde, ist außerdem der nachstehende Fastnachtsmarsch-Text entstanden: 

Hofheimer Fastnachtsmarsch „Awuh, Awuh, Awuh!“
Textentwürfe zum Schunkelwalzer von Hermann Krupp 1947

(Textblatt 1 mit Schreibmaschine getippt, 2 + 3 handschriftlich mit Bleistift)

  1. 50 Jahre Fassenach
    halt doch e ’orch lang Zeit,
    um 1900 aufgewacht
    die Ambett voller Herrlichkeit,
    zu krönen unsre Narredei
    mit Prinz, Prinzessin und Juchhei,
    voll Spass, Humor und närrischsein
    im Hofemer Narrenverein.


    Refr.
    Awuh, Awuh, Awuh
    Die Narrensonne lacht dazu
    Awuh, Awuh, Awuh,
    Die Ambett hat halt doch koa Ruh
    An Fassenacht is se neu erwacht,
    hat tolle Streiche ausgedacht,
    stimmt fröhlich mit uns ein
    Awuh unserm Narrenverein
    .

    (Veränderung: statt „Die Narrensonne“ kann
    „De Beuermoaster lacht dazu“
    und statt „Narren- „Jubelverein“ gesungen werden.)

  2. 50 goldne Jahre schon
    regiert Prinz Karneval zur Narrenzeit auf hohem Thron,
    beherrscht den Hofemer Stimmungswall des Zepter
    und Prinzessin Ruth,
    de Prinz Karl-Heinz und Narrenblut
    ist unser schönes Prinzenpaar
    guckt kaaner mehr nach seiner Fraa.


  3. 50 Jahre Narredei
    mit allem Drum und Dran,
    nur heut Maria ei, ei, ei,
    wo einst der Johann Strauß begann,
    doch damals wußt mer schon wie heut,
    recht lustig sin die Hofemer Leut
    als Narrentrank den Apfelwein
    wie könnt es auch anders sein.


Es handelt sich beim 2. Text offensichtlich um Entwürfe von Hermann Krupp von 1950 zur Inthronisation von Prinz Karlheinz (Weißenbach) und Prinzessin Ruth (Schmitt) zu seiner Komposition des Hofheimer Fastnachtsmarsches. Welche Texte letztendlich verwendet wurden, ist somit noch nicht ganz klar.

Die Identität des Prinzenpaares hat Wilfried Wohmann herausgefunden, diese ist der Festschrift der Karnevalgesellschaft 1900 anlässlich ihres 50jährigen Bestehens zu entnehmen.

In dieser Festschrift ist auch der Refrain des Fastnachtsmarsches in gedruckter Form zu finden:


Fundstück und Fotos: Wilfried Wohmann


Zusammenstellung des Beitrages aus dem Nachlass von Hermann Krupp:
Dr. Ingrid Krupp M.A., Januar 2024



Wir sagen recht herzlichen Dank für diesen Beitrag an Dr. Ingrid Krupp M.A..



Bearbeitung: Historischer Arbeitskreis Hofheim (Wilfried Wohmann)


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