Auflösung des Rätsels: Belegschaft Café Staab in den 1950er Jahren - Kindheitserinnerungen an das Café Staab
Auflösung des Rätsels
Obere Reihe, v.l.n.r.: Ria Krupp aus Hofheim und Frau Sternberger aus Langenhain (Bedienung)
2. Reihe von oben, v.l.n.r.: Frau Rustler (Haushaltshilfe), Kathi Tillmann (?) aus Langenhain (Bedienung), Günther Hamann aus Hattersheim (Konditorlehrling)
3.Reihe von oben, v.l.n.r.: Ellis Hornung (Putzfrau), Hiltrud aus Kriftel (Verkäuferin)
Untere Reihe, v.l.n.r.: Hildegard Staab (Tochter), Franz Staab (Seniorchef), Alma (Praktikantin), Berni Staab (Hugos Gemahlin), Hugo Staab (Konditormeister)
Wir danken allen, die uns bei der Lösung des Rätsels geholfen haben.
Wenn alle Tische im unteren Raum besetzt waren, konnte man es sich auch in dem kleinen, etwas zurückgesetzt und vertieft zur Straße gelegenen Garten gemütlich machen. Dort saß man angenehm an Gartentischen und -stühlen in kleinen, von Ligusterhecken eingegrenzten Gevierten. „Open Air“ genießen war auch auf der Dachterrasse des Cafés möglich, die den oberen Gastraum umschloss. Von hier hatte man außerdem einen guten Blick auf die Straße vom Bahnhof und zur Schwarzbachbrücke. Man vermochte beispielsweise die Pendlerströme zu beobachten, die nach getaner Arbeit aus Bus und Bahn in die Innenstadt strebten oder die Brücke hinauf in Richtung Marxheim gingen. Ein paar Autos waren auch auf der Straße, aber in den 50er Jahren ging man hauptsächlich noch zu Fuß und von einer Einbahnregelung um den Bahnhof war auch noch nicht die Rede. Im Freien hörte man bisweilen auch das Schnaufen der Dampfloks, wenn sie vom Bahnhof in Richtung Lorsbach anfuhren. Und das signifikante Pfeifen warnte vor allem die Fußgänger, nicht auf der Brücke zu sein, wenn die Lok diesen Abschnitt der Brücke passierte, denn der heiße Dampf war nicht nur unangenehm, es konnten auch glühende Funken dabei sein.
Sollte es wider Erwarten einmal regnen, fand man in dem oberen Gastraum des Cafés stets genügend Platz, sollten einmal die Tische im unteren Raum alle vergeben sein oder wenn man höher gelegenen Räumen den Vorzug gab.
Zum Café Staab habe ich neben den Besuchen als Gast und leidenschaftlichem Sahnetortenesser auch persönliche Bezüge. Hier feierte ich mit den Töchtern des Hauses und vielen anderen Kinder z.B. gerne Fasching.
Eines Tages durfte ich sogar die große Backstube im Untergeschoss des Wohnhauses besichtigen. Der Seniorchef Franz Staab (untere Reihe, 2. von links) zeigte mir persönlich seinen großen, schwarzen Backofen, der mir damals riesig vorkam, auch lies die hohe Decke des Raumes mir die Backstube wie eine Kathedrale erscheinen. Dieses Ereignis hat mich nachhaltig beeindruckt.
Franz Staab habe ich nicht nur wegen seiner außerordentlichen Backstube sehr bewundert. Als er am Schmelzweg die Archäologische Ausgrabung begleitete, besuchte ich ihn gemeinsam mit meinem Vater öfter, um uns die Fortschritte erklären zu lassen. Von unserer Wohnung in der Sindlinger Straße war das ein Katzensprung. Eines Tages schenkte er mir eine gerade gefundene Terra-Sigillata-Scherbe mit einem Namensfragment. Ich habe sie bis heute in treuem Angedenken sorgsam aufbewahrt. Wahrscheinlich verdanke ich ihm, später Archäologie als Nebenfach studiert zu haben.
In der neben der Backstube gelegenen, großen Küche des Hauses durfte ich dann einmal miterleben, wie Frau Staab Senior ihr schönes, unendlich langes Haar gekämmt und zu einem Zopf geflochten bekam. Die Länge des Haares beeindruckte mich tief. Ausgeführt hat dies eine Hausangestellte. Meines Erachtens war es jene stets tief ernst dreinblickende Frau, die auf dem Foto in der 2. Reihe von oben ganz links steht. Ihren Namen habe ich nicht gekannt.
In der Backstube ein- und auszugehen, dazu war nur der Konditorlehrling befugt, worauf dieser auch sehr stolz war und es uns mitunter spüren ließ. Der große, schlanke Bursche hat mich öfter geneckt, was mir gar nicht gefiel (2. Reihe, 1. von rechts).
Von der meines Wissens für die Sauberkeit des Wohnhauses zuständigen Putzfrau (3. Reihe, 1. von links) kann ich nur berichten, dass sie nach getaner Arbeit immer recht kurz angebunden war und in Zeitnot erschien. Mit mir hat sie daher niemals ein Wort gewechselt, weswegen ich ihren Namen auch nicht kannte.
Ganz besonders gemocht habe ich die sehr sympathische Bedienung Kathi aus Langenhain (2. Reihe von oben, 2. von links). Mit ihr habe ich mich gerne unterhalten, weil sie immer ein offenes Ohr auch für die Wünsche von uns Kindern hatte. Ihren Nachnamen habe ich leider nicht gekannt.
Die zweite Bedienung hieß Frau Sternberger, wenn ich mich recht erinnere. Sie wirkte auf uns Kinder etwas unnahbarer, trotz ihres freundlichen Wesens.
Im Café Staab arbeitete eine Großfamilie, erweitert um ihre treue Belegschaft, dafür, dass die Gäste sich dort wohlfühlten und neben erlesenem Gaumengenuss auch ein innovatives Kulturangebot genießen konnten. Es gab stets neue Events musikalischer Art und künstlerischer Natur. Auch mein Vater hat seine Bilder im Café ausgestellt.
Nicht zuletzt trugen selbst wir Kinder zu allem unser Scherflein bei. Das hat die zweitälteste Tochter von Berni und Hugo Staab, Hildegard, (unterste Reihe, 1. von links), unbewusst dokumentiert, indem sie sich ganz heimlich von links ins Bild schlich. Wir anderen Kinder hatten dem Ereignis folgsam im Garten gegenüber beigewohnt und dem Eingriff in die geplante Szenerie sprachlos zugesehen. Hildegard bekam hinterher ordentlich was zu hören, erinnere ich mich.
Es war eine schöne und zugleich aufregende Zeit, in der man sich noch über Kleinigkeiten freuen konnte, die Uhren etwas langsamer gingen und zugleich ständig Neuerungen und bislang ungeahnte Errungenschaften das damals noch beschauliche Taunusstädtchen Hofheim erreichten.
Dr. Ingrid Krupp M.A., Mai 2024
|