Historisches Hofheim am Taunus

Altes für die Zukunft bewahren!

Hofheimer Personen


Heinz Till



Erfinder und Fabrikant


* 22. August 1922 in Wuppertal
+ 6. Februar 2013



Das Produkt „Das rotierende System zur Reinigung und Füllung von Systemfässern in Brauereien“ machte die von ihm gegründete Firma zum Weltmarktführer.


Heinz Till wurde im August 1922 in Wuppertal geboren und besuchte dort die Schule bis zur 8. Klasse. Seine Eltern hatten das Geld für eine weiterführende Schule nicht aufbringen können. Er begann eine Lehre als Technischer Zeichner und setzte diese bei einer Frankfurter Firma als Mechaniker bis zur Facharbeiter-Prüfung fort.

1938 übernahm sein Vater die Stelle als Leiter des Hofheimer Elektrizitätswerkes und die Familie zog nach Hofheim am Taunus.

Nach der Lehrzeit erwarb Heinz Till die Aufnahmereife für einen Besuch der Staatlichen Ingenieurschule Frankfurt am Main. Nach zwei Semestern Studium wurde er 1941 zum Kriegsdienst eingezogen und geriet später in Kriegsgefangenschaft. Als er im Juni 1945 nach Hofheim zurückkehrte war aufgrund der Bombenschäden in Frankfurt ein Studium nicht möglich. Erst 1948 konnte er sein Studium wieder aufnehmen, 1949 abschließen.

Zur Sicherung seines Lebensunterhaltes hatte er zwischenzeitlich eine Tonmöbelfabrik zur Herstellung von Musikschränken für die Firmen Radio Braun in Frankfurt und Grundig in Fürth gegründet.

Weiter berufliche Daten zu Heinz Till:

  • 1949-1954 Konstrukteur für Hochspannungsschaltanlagen bei der Firma Siemens,
  • 1954-1959 Technischer Leiter der Coca-Cola GmbH Niederlassung Frankfurt und
  • 1959-1969 beratender Ingenieur der Pepsi-Cola International, zuständig für Zentraleuropa und Skandinavien.
Schließlich gründete er 1967 ein Ingenieurbüro, das 1970 mit einer Produktionsstätte in Kriftel die „Till Maschinenfabrik GmbH“ zur Herstellung von Sondermaschinen und automatisierten Produktionseinrichtungen mit dem Schwerpunkt (Getränke-)Kastenwaschanlagen und Behälterspülmaschinen wurde.


1977 wurde für die Getränkeindustrie anstelle der bisher üblichen Taktmaschinen ein kontinuierlich rotierendes Reinigungs- und Abfüllsystem für Fässer mit einer völlig neuen Sicherheitstechnik bei gleichzeitig  höchster  mikrobiologischer  Sicherheit vorgestellt, mit dem das Unternehmen bis 1985 zum Marktführer in Europa wurde.

1985 übergab Heinz Till das Unternehmen an seinen Sohn, Dipl.-Ing. Volker Till, der es nach Beteiligung von der GEA GmbH weiterführte, 2000 an die KHS AG verkaufte und dort eine Vorstandposition übernahm. Die Firma integrierte Volker Till 2007 bei gleichzeitiger Schließung des Standorts Kriftel 2007 vollständig in die KHS. Die Produkte, die damals bereits 95% Weltmarktführerschaft hatten, werden dort nach wie vor produziert.

Heinz Till verhandelte noch für das Unternehmen 1985 erfolgreich für die „GEA TILL GmbH“ in Peking einen Lizenzvertrag mit dem Chinesischen Leichtbauministerium.

Zwischenzeitlich hatten Heinz und Volker Till 1974 gemeinsam mit einem persischen Partner in Teheran das Vertriebs – und Serviceunternehmen „Gimesco“ gegründet, unterstützt durch die gleichzeitige Herausgabe  von „The German Industrie“, einem Exportjournal für den Vorderen Orient das in Kairo bei der Zeitung  „Al Acham“ gedruckt wurde. Nachdem der aus Frankreich nach Persien zurückgekehrte Ayatollah Khomeini 1979 die „Islamische Republik Iran“ ausrief, war eine Geschäftstätigkeit in diesem Land nicht mehr möglich. Sowohl die „Gimesco“ als auch der Verlag „The German Industrie“ wurden aufgegeben.

Der Ruhestand des Unternehmers währte jedoch nicht lange. 1990 gründete er in Mogendorf/Westerwald die Porzellan-Manufaktur  „Couronne“, in der Architekturporzellan und Porzellandosen hergestellt wurden. 1995 wurden die Produktions-Einrichtung, die Produktpalette und deren Formen an eine Thüringische Porzellanmanufaktur verkauft.


Eines der großen privaten Hobbies war für Heinz Till das Schachspiel. Als Mitglied des Schachvereins 1920 Hofheim nahm er innerhalb Deutschlands an Senioren-Turnieren teil, organisierte z. B. die Feier zum Aufstieg in die 1. Bundesliga und das mehrtägige Open-Air-Schach in der Hauptstraße.

An einen Ruhestand war für ihn auch später noch nicht zu denken, denn ab 2006 beschäftigte ihn ein neues Projekt: Hofheimer Biografien. Die Hofheimer Kunstszene war bereits mehrfach Gegenstand von Ausstellungen und Publikationen gewesen und er sah es als seine Aufgabe an, jene Menschen vor der Vergessenheit zu bewahren, die in Wissenschaft, Medizin, Technik und auf sozialem Gebiet herausragendes geleistet hatten. Im Alter von 84 Jahren begann Heinz Till mit seinen Recherchen. Bereits zu Beginn waren Günter Loos als Lektor und Roswitha Schlecker vom Stadtarchiv Hofheim mit einbezogen worden.

Es mussten teilweise detektivische Nachforschungen unternommen werden, um an biografisches Material zu gelangen und oft war es nicht mehr möglich. Heinz Till beschränkte sich am Schluss seiner Arbeit auf 122 Lebensgeschichten. Ihm war bewusst, dass es weitaus mehr sind, doch die Termine für die Ausstellung im Stadtmuseum und das Buch forderten ein vorläufiges Ende.

Aus diesem ersten Biografie-Buch seien hier vier Personen beispielhaft genannt:

  • Anton Flettner, geboren in Eddersheim und  von 1909 bis 1913 Lehrer an der Lorsbacher Grundschule, Erfinder des Flettner-Rotors und  des ersten weltweit Funktionsfähigen Hubschraubers,
  • Dr. Werner Starck, Chemiker und verantwortlich für den allseits bekannten Alleskleber  UHU
  • Marie Hedwig Lilli, 1960 -1963 erste Hofheimer Ambet, die Symbolfigur der Hofheimer Fastnacht,
  • Johannes Klarmann, 1945 – 1978 Pfarrer in St. Georg, Marxheim, 1938 – 1939 Inhaftierung wegen Widerstandes gegen das Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten.

Heinz Till starb am 06.02.2013. Seine Nachforschungen zu den „Hofheimer Biografien“ hatte er zuvor dem Stadtarchiv übergeben. Unter dem Namen „Till-Archiv“ werden sie dort weitergeführt und ergänzt.


Quellen:

  • Der obige Text wurde von Heinz Till im Rahmen zu der Arbeit an den „Hofheimer Biografien“ geschrieben und von Roswitha Schlecker um die neueren Angaben ergänzt und lektoriert. Den Beitrag zur Firmengeschichte  lektorierte Dipl.-Ing. Volker Till.
  • Seine ausführliche Biografie findet sich im Stadtarchiv Hofheim am Taunus, Sign. 22.02 Till-Archiv
Literatur:
  • Till, Heinz: Hofheimer Biografien, Namensgeber von Straßen und Plätzen, verdiente Wissenschaftler, bedeutende Erfinder und Unternehmer,  Originale, Künstler, Schriftsteller, Bürgermeister seit 1920, berühmte Langzeitgäste. Die letzten Bürgermeister der eingemeindeten Stadtteile.
  • Stadtmuseum Hofheim am Taunus, Beiträge zur Kultur- und Stadtgeschichte Nr. 15
  • Publikation zur Ausstellung Schon vergessen…? – Hofheimer Biografien, Stadtmuseum Hofheim am Taunus, 09. März – 20. April 2008 (Das Buch kann über das Stadtmuseum bezogen werden.)
  • Wagner, Dr. Felix: Verfahrenstechnische Aspekte der Behandlung von Systemfässern der Getränkeindustrie, angenommene Dissertation der Technischen Universität München, Fakultät Wissenschaftszentrum Weihenstephan für Ernährung, Landnutzung und Umwelt, 2004
  • Publikationen von Heinz Till
  • 1970 – 1983 ständige Beiträge in Fachzeitschriften


Foto: Privat, Heinz Till im Alter von 65 Jahren


Bearbeitung: Historischer Arbeitskreis Hofheim (Roswitha Schlecker)


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