Historisches Hofheim am Taunus

Altes für die Zukunft bewahren!


Hofheimer Personen

 

 

Philipp Joseph Weiler


Foto: privat

Kaufmann, Stadtrat, Abgeordneter der Deputiertenversammlung Nassaus


* 5. Juli 1791 in Hofheim am Taunus
+ 2. August 1867 in Hofheim am Taunus


Der Stammvater der Sippe Weiler in Hofheim war Johann Martin Weiler (* 1754 in Oberwesel a. Rh., + 1820 in Hofheim), der um 1780 aus Oberwesel nach Hofheim kam und hier als Kaufmann das Haus Hauptstraße 39 erwarb, um dort ein Handels- und Spezereigeschäft zu betreiben. Als erfolgreicher Kaufmann konnte er für seine große Familie 1797 auch noch das herrschaftliche Hofgut erwerben, das in der Burgstraße an die ehemalige Kellerei angrenzt und dessen Wohnhaus (Burgstraße 11) als Altbau des Stadtmuseums heute noch erhalten ist. Aus seiner ersten Ehe mit Maria Elisabeth Maas aus Hofheim (* 1760, + 1807) gingen sieben Kinder hervor, von denen zwei früh verstarben. In seiner zweiten Ehe mit Maria Elisabeth Krieger aus Oberwalluf (* 1780, + 1828) wurden sechs Kinder geboren, von denen zwei früh verstorben sind.

Von seinen Kindern aus erster Ehe muss sein 1791 geborener zweiter Sohn, Philipp Joseph Weiler, besonders geschäftstüchtig und wagemutig gewesen sein. Er erwarb nicht nur das Anwesen Burgstraße 1 in Hofheim, sondern ersteigerte 1819, also im Alter von 28 Jahren, die Kellerei Hofheim mit Kellereigebäude, Wasserschloss, Scheunen, Ställen und dem umliegenden Garten- und Wiesengelände. Das gesamte Gelände umfasste ca. 22.000 qm – siehe den untenstehenden Lageplan. Die Kellerei Hofheim gehörte dem Herzogtum Nassau und wurde als Verwaltungssitz nicht mehr benötigt. Bei der öffentlichen Versteigerung bot zuletzt nur noch die Stadt Hofheim mit, die das Kellereigebäude als Schulgebäude dringend benötigte. P. J. Weiler überbot sie aber zuletzt um 50 Gulden und konnte so die gesamte Liegenschaft für 9.050 Gulden vom Herzogtum Nassau erwerben.

Philipp Joseph Weiler heiratete 1815 die 16-jährige Anna Maria Ursula Schaller aus Oberursel, mit der er drei Kinder hatte, von denen aber zwei schon im ersten Lebensjahr starben. Der überlebende Sohn Joseph Anton Wilhelm Weiler (* 1819, + 1875) wurde wie sein Vater ein erfolgreicher Kaufmann und später Handelskammerpräsident in Köln. Seine Mutter Anna Maria, geboren 1799, starb schon 1820 im Alter von 21 Jahren. In zweiter Ehe war P. J. Weiler mit Elisabeth Klomann (* 1800, + 1855) aus Mainz verheiratet, mit der er 15 Kinder hatte, von denen aber 8 schon im frühkindlichen Alter verstarben.

Über die Handelsgeschäfte, die P. J. Weiler betrieb, sind keine Nachweise bekannt. Sein jüngerer Bruder Martin Weiler (* 1798, + 1844) hatte das väterliche Geschäft in der Hauptstraße 39 übernommen. Durch den Erwerb der Kellerei Hofheim war P. J. Weiler auch im Immobiliengeschäft aktiv geworden. Ab etwa 1824 vermietete er der Stadt Hofheim zwei Räume im Kellereigebäude als Schulsäle. Die Stadt verhandelte seit dieser Zeit mit dem Amt Höchst, um eine dauerhafte Lösung des Schulproblems zu erreichen. Es gab zuletzt zwei Alternativen: ein Neubau oder die Nutzung des Kellereigebäudes. P. J. Weiler bot der Stadt das Gebäude mit dem anliegenden Garten und einem Stall für 11.000 Gulden zum Kauf an, die Umbaukosten zur Schule inbegriffen. Die größere Fläche der Wiesen und Gärten, die Scheunen und das Wasserschloss sollten in seinem Besitz bleiben.

Das Amt Höchst lehnte das Kellereigebäude als Lösung ab, weil es ihm als Schulgebäude ungeeignet  erschien, u. a. wegen des fehlenden Kellers. Das Amt hat dann 1829 das herrschaftliche Hofgut in der Burgstraße (heute Nr. 9 und 11) für 5.000 Gulden erworben, das nach dem Tod der Witwe von Johann Martin Weiler 1828 Eigentum der Erbengemeinschaft Weiler war, zu der auch P. J. Weiler gehörte. Das Wohnhaus des Hofgutes sollte zu Lehrerwohnungen umgebaut werden und der Neubau der Schule auf dem Garten des Hofgutes (heute Burgstraße 9) entstehen. Die Stadträte des gewählten Hofheimer Stadtvorstands protestierten beim Staatsministerium in Wiesbaden gegen diese Lösung und verlangten, das Angebot J. P. Weilers als kostengünstigere Alternative zu prüfen, da die Stadt am Ende ja alle Kosten zu tragen hatte. Als das Amt Höchst Anfang 1831 den Neubau mit der Ausschreibung der Bauleistungen weiter vorantrieb, beschwerte sich der Stadtvorstand mit einer auch von der Mehrheit der Hofheimer Haushaltevorstände unterzeichneten Petition bei der „Bittschriftenkommission“ der Deputiertenversammlung, dem Ständeparlament Nassaus. Mitunterzeichner war P. J. Weiler als ehrenamtliches Mitglied des Feldgerichts von Hofheim.
Die Hofheimer Petition sollte zusammen mit der Stellungnahme der Bittschriftenkommission auf der Sitzung der Deputiertenversammlung am 3. Mai 1831 verhandelt werden. Davor hatte aber Herzog Wilhelm am 2. Mai 1831 die Versammlung wegen des „Domänenstreites“ mit den Deputierten auf unbestimmte Zeit vertagt. In Hofheim war der Neubau der Schule in der Burgstraße 9 auf Anordnung des Amtes Höchst schon begonnen worden. Als sich am 3. Mai 1831 die Vertagung der Deputiertenversammlung in Hofheim herumgesprochen hatte, rotteten sich ca. 30 bis 40 Bürger zusammen, um den begonnenen Neubau aus Protest gegen die Missachtung der Hofheimer Petition niederzureißen.

Der „Tumult“ setzte sich am nächsten Tag fort: Der herbeieilende Amtmann Hendel aus Höchst wurde aus der Stadt vertrieben, die Kirchenglocken zum Sturm geläutet und vor dem Rathaus ein Freiheitsbaum als republikanisches Symbol errichtet. Um eine Ausweitung der Revolte zu verhindern, entsandte das Staatsministerium Nassaus drei Kompanien Militär nach Hofheim, die für Ruhe sorgten. Die Beteiligten der „Schulhausrevolte“ wurden verhaftet und in späteren Strafprozessen zu Gefängnis oder „Korrektionshaft“ bis zu fünf Jahren verurteilt. Der Stadtschultheis Johann Seelig wurde seines Amtes enthoben und zu einem halben Jahr Gefängnis verurteilt, weil er nicht versucht hatte, die Revolte zu verhindern.

Die Schulhausrevolte und ihre Vorgeschichte wurde am 12. November 1831 auch Gegenstand der Debatte in der Deputiertenversammlung in Wiesbaden. Dabei gaben zwei Deputierte der Landesregierung eine Mitschuld an der Revolte, weil sie den Ankauf des Kellereigebäudes als Alternative zum Neubau der Schule nicht hinreichend geprüft habe. Dem widersprach der Vizepräsident Dr. Möller als Vertreter der Landesregierung und behauptete, Teile des Stadtvorstandes und Stadtrat P. J. Weiler hätten durch unlautere Machenschaften versucht, den Kauf des Kellereigebäudes zu erreichen. Er beschuldigte sogar P. J. Weiler persönlich, dass er versucht habe, zwei Stadtvorsteher bzw. den Werkmeister des Amtes Höchst zu bestechen, damit sie den Kauf des Gebäudes durch die Stadt unterstützen. Nach heutigem Rechtsverständnis hätte nach dieser öffentlichen Beschuldigung die Staatsanwaltschaft gegen Weiler wegen des Bestechungsversuchs von Amtspersonen ermitteln müssen. Davon ist aber nichts bekannt geworden.

Die Ereignisse in der Deputiertenversammlung hinderten P. J. Weiler nicht daran, selbst für diese Ständeversammlung zu kandidieren. Er wurde Anfang 1832 im Alter von 40 Jahren der erste gewählte Abgeordnete aus Hofheim. Mit 14 anderen Deputierten, u. a. Georg Hofmann aus Hochheim, verweigerte er dort Herzog Wilhelm  wegen des ungelösten Domänenstreites die jährliche "Rente" von 140.000 Gulden. Der Herzog erhöhte daraufhin die Zahl der Abgeordneten der Herrenbank, um im Parlament die Mehrheit zu erringen. Den oppositionellen Landesdeputierten wurde ihr Mandat aberkannt, also auch P. J. Weiler. Ihr schriftlich verteilter Protest gegen diesen Verfassungsverstoß führte dazu, dass die 15 Oppositionellen wegen "Aufreizung zur Steuerverweigerung, zum Ungehorsam und zur Widersetzlichkeit" angeklagt und am 18. Februar 1833 verurteilt wurden, Georg Hofmann als "Rädelsführer" zu 6 Monaten Correctionshaus, P. J. Weiler und 10 andere zur Zahlung der Untersuchungskosten.

45 Jahre nach der Schulhausrevolte verkauften 1876 die Erben von P. J. Weiler, vertreten durch seinen ältesten Sohn Joseph Anton Wilhelm Weiler in Köln, das Kellereigebäude dann doch an die Stadt Hofheim, vertreten durch den Bürgermeister Johann Joseph Kling. Der Kaufpreis betrug jetzt rund 42.900 Mark. Die Stadt ließ das Gebäude danach, auch mit der Zustimmung des Amtes Höchst, wie schon früher geplant zur Schule umbauen.

 

Besitz Philipp Joseph Weilers in Hofheim



Quellen:
„Weiler, Philipp Joseph“, in: Hessische Biografie <https://www.lagis-hessen.de/pnd/1192483839> (Stand: 15.4.2021).
Weiler, Martin (Hrsgb.): Sippe Weiler. (Kopie im Stadtarchiv Hofheim).
Reuschling, Dieter und Schlecker, Roswitha: Bürgerwille gegen Herrscherwillkür : Hofheim am Taunus - eine Kleinstadt zwischen französischer und deutscher Revolution. Hofheim am Taunus, Stadtmuseum, 2007.
Reuschling, Dieter: Geschichte des Amtes und der Kellerei Hofheim : Geschichte des Kellereigebäudes. Hofheim am Taunus, Stadtmuseum/Stadtarchiv, 2011.

Bearbeitung: Historischer Arbeitskreis Hofheim am Taunus (Dieter Reuschling)
Foto: Fam. Weiler (privat)
Lageplan: Buch "Sippe Weiler"


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