Geschichte Hofheimer Vereine
Wanderklub "Alpenrose"
Der Wanderklub „Alpenrose“ wurde im September 1926 gegründet. Sein Vereinslokal war die nicht mehr existierende Gaststätte „Zur schönen Aussicht“ am Schwarzbach, heute Parkplatz der Volksbank an der „alten Bleiche“. Das Vereinsprogramm beschränkte sich nicht nur auf sportliches Wandern, sondern hatte von Anfang an auch kulturelle Ziele, vor allem die Pflege der Mandolinen-Musik. Für Jugendliche wurden mit vereinseigenen Mandolinen jährlich Ausbildungskurse angeboten. Das Mandolinen-Orchester des Klubs mit seinem Dirigenten Josef Freund gab jährlich Konzerte im Saal des „Frankfurter Hofes“, oft auch in Verbindung mit einer Theaterveranstaltung. Das anspruchsvolle Programm vom 16. November 1930 ist erhalten geblieben.
Vereine, die weiterbestehen wollten, mussten sich dem neuen Regime anpassen und wurden nach einheitlichen gesetzlichen Vorgaben für ganz Deutschland „gleichgeschaltet”. Das bedeutete u. a., dass die demokratische Vereinskultur mit einem gewählten Vorstand als Vereinsführung abgeschafft und das Führerprinzip vorgeschrieben wurde. Offensichtlich hat sich der Wanderklub „Alpenrose“ wie z. B. auch der TV Vorwärts, der TV 1860 oder die Musikgesellschaft Lyra gleichschalten lassen, vermutlich auch deshalb, weil sie ihre Vereinsarbeit fortsetzen und den Vereinsbesitz, z. B. die Mandolinen und Zelte, behalten wollten.
Die Anzeigen der „Alpenrose“ in der Hofheimer Zeitung sind ab Juli 1933 mit „Der Führer” gezeichnet. Darin wird 1933 zur Teilnahme der Mitglieder an den von den Nazis inszenierten Veranstaltungen und Aufmärsche in Hofheim aufgerufen, im Juli zum Fackel- und Festzug des Krieger- und Militärvereins, im September zum Erntedankfest, im Oktober zum Fackelzug anlässlich der Handwerkerwoche und im November zum Aufmarsch der Vereine und Verbände zur „nationalen Kundgebung”, die landesweit anlässlich des Austritts Deutschlands aus dem Völkerbund veranstaltet wurde.
Aus einer Einladung zur Jahreshauptversammlung 1936 lässt sich erkennen, dass für den Verein neben dem Wandern die Musik mit Mandolinen und Gitarren ein wesentlicher Teil der Vereinstätigkeit war: Der Verein hatte sich der „Reichsfachschaft für Mandolinen- und Gitarrenmusik“ angeschlossen. Im „Dritten Reich“ waren alle Vereine entsprechend ihren Vereinszwecken reichsweit zentral organisiert, vor allem, um sie besser kontrollieren zu können und um zu verhindern, dass sie als eine Organisationsbasis für Regimegegner dienen konnten.
Nach dem Kriegsende 1945 hatte die Besatzungsmacht USA alle Vereine verboten; sie mussten zum Weiterbestehen von der Militärregierung neu genehmigt werden. Man kann annehmen, dass die „Vorbelastung” aus der Nazi-Zeit eine Rolle dabei gespielt, dass 1946 in Hofheim nicht die Wiedergründung der doch traditionsreichen „Alpenrose“ bei der Militärregierung beantragt wurde, sondern die Neugründung des Touristenvereins „Die Naturfreunde”. Natürlich spielte auch eine Rolle, dass die Naturfreunde in Deutschland eine bestehende, eher „linke” Großorganisation mit langer Tradition war, die auch schon viele Einrichtungen für die Wanderbewegung hatte (Naturfreundehäuser etc.).
Im Zusammenhang mit der 25. Wiederkehr der Gründung der „Alpenrose“ (1926) kam es im September 1951 zu Auseinandersetzungen innerhalb des Vereins der Naturfreunde, die dazu führten, dass sich ein beträchtlicher Teil von den Naturfreunden abspaltete und den Wanderklub „Alpenrose“ Ende September 1951 wieder gründete. Der wieder gegründete Verein zeichnete sich bald durch viele Aktivitäten aus, was sicher auch daran lag, dass einige der früher aktivsten Mitglieder dabei waren. Man kann annehmen, dass es zwischen dieser Gruppe und der Mehrheit im Vorstand der Naturfreunde unter dem damaligen Vorsitzenden Karl Wiegand unterschiedliche Auffassungen über die künftige Ausrichtung des Vereins gab. In einem Bericht der „Alpenrose“ in der Hofheimer Zeitung vom 28. September 1951 heißt es: „Trotz guten Willens zur Verständigung, Mitarbeit und Harmonie konnte man Ideengänge nicht auf einen gemeinsamen Nenner vereinigen“. Karl Becht, der Wanderführer der früheren „Alpenrose“, wurde es auch wieder 1951. Franz Köhler sen. wurde vermutlich wieder der Initiator für das Mandolinen-Orchester und war nachweislich ab 1953 auch der Vorsitzende der „Alpenrose“.
Vereinslokal wurde das Gasthaus „Zur Krone“ in der Hauptstraße. Schon Anfang Januar 1952 erschien in der Hofheimer Zeitung der Wanderplan für die monatlichen Wanderungen von Januar bis Oktober des Jahres. Eine Frauengruppe und eine Tanzgruppe wurden gebildet, die Musikstunden des Mandolinen-Orchesters begannen wieder und naturkundliche Vorträge, z. B. zum Kühkopf am Altrhein, fanden statt. Eine kaum noch bekannte Initiative der „Alpenrose“ im Jahr 1953 war die Einrichtung eines Jugendheimes in einem Nebengebäude der heute nicht mehr existierenden Obermühle. Anfang August 1953 wurde das in Selbsthilfe geschaffene Jugendheim der „Alpenrose“ in Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste eingeweiht. Sogar der neu gewählte Hofheimer Bürgermeister Werner Schwichtenberg, der erst am 1. September 1953 sein Amt antrat, war schon dabei. Wie lange dieses Jugendheim existiert hat, ist nicht mehr bekannt.
Aus den 1950er Jahren ist ein Foto des Mandolinen-Orchesters der „Alpenrose“ durch Andreas Köhler, dem Sohn von Franz Köhler jun., erhalten geblieben, das auch die verwandtschaftlichen Beziehungen in dem Orchester dokumentiert.
Auch die 30. Wiederkehr der Gründung der „Alpenrose“ wurde am 22. September 1956 gefeiert. Zu den Ehrengästen der Feier im Gasthaus „Zum Adler“ in Marxheim gehörten Bürgermeister Schwichtenberg, Stadtverordnetenvorsteher Leder und Ortsbezirksvorsteher Diehl. Zum Programm des Abends gehörten Beiträge des Mandolinen-Orchesters und ein Film über die Wanderungen der „Alpenrose“.
Der Touristenverein „Die Naturfreunde“ besteht in Hofheim bis heute weiter. Einige der musikalisch Aktiven der „Alpenrose“ haben in dem 1973 neu gegründeten „Mandolinenclub Hofheim“ eine neue Heimat gefunden. Franz Köhler jun., der zusammen mit seinem Vater Franz Köhler sen. und seiner Frau Christa schon dem Mandolinen-Orchester der „Alpenrose“ angehörte, war danach viele Jahre der Dirigent des „Mandolinenclubs“.
Quellen:
Hofheimer Zeitung 1927 – 1942, 1949 - 2004.
Wanderungen „Alpenrose“ von Karl Becht, 1956 bis 1958. Privatbesitz.
Becht, Manfred: Eines schönen Morgens war die Lore weg. Der Touristenverein Naturfreunde. Hofheimer Zeitung, 14. Oktober 1997, S. 5.
Becht, Manfred: Mit der „Alpenrose“ begann es. Die Gründung des Hofheimer Vereins. Hofheimer Zeitung, 13. Februar 2004.
Reuschling, Dieter: Vereine, die keiner mehr kennt. Die Folgen der „Gleichschaltung“ des Vereinslebens durch die Nazis. Jahrbuch des Main-Taunus-Kreises 2012, S. 15-20.